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100 Tage bis Olympia: "Kleines Wunder" in Cortina, volle Straßen um Cortina?

Die olympischen Ringe
Die olympischen RingeČTK / imago stock&people / Achille Abboud

Der Countdown zu den Winterspielen in Mailand und Cortina d'Ampezzo läuft. Während der umstrittene Eiskanal derzeit getestet wird, gibt es 100 Tage vor der Eröffnung andere Sorgenkinder.

Eine "Riesenbaustelle" ist der Eiskanal von Cortina d'Ampezzo immer noch - aber glücklicherweise nur noch drumherum. Und so geht Rodel-Bundestrainer Patric Leitner fast schon euphorisch in die letzten 100 Tage bis zu den Olympischen Winterspielen. "Es ist Eis drauf. Die Kurven, die Überdachungen, Sonnensegel, alles da. Wir sind alle heiß", sagte Leitner dem SID am Rande der internationalen Testfahrten, die seit Montag auf dem einstigen Zankapfel stattfinden. Wer hätte das vor einem guten Jahr für möglich gehalten?

Gastgeber Italien drückte damals den Neubau durch, ausdrücklich gegen den Willen des Internationalen Olympischen Komitees (IOC). Das hätte die Wettbewerbe im Bob, Rodeln und Skeleton lieber auf einer bestehenden Bahn notfalls im fernen Nordamerika gesehen, als irgendein Risiko einzugehen - oder der Öffentlichkeit einen Neubau mit unklarer Nachnutzung zu verkaufen.

Doch die Bauherren der Spiele von Mailand/Cortina (6. bis 22. Februar 2026) haben im Eilverfahren eine Betonschlange errichtet, die höheren Ansprüchen genügt. Laut Olaf Tabor, dem Vorstand Leistungssport im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB), wurde damit "ein kleines Wunder vollbracht".

NHL-Stars nach zwölf Jahren wieder dabei

Ganz ohne Last-Minute-Baustellen kommen allerdings auch die 25. Winterspiele nicht aus. So wird die Santa-Giulia-Arena in Mailand mit 16.000 Sitzplätzen, in der die NHL-Stars um Leon Draisaitl ihr Olympia-Comeback nach zwölf Jahren geben, wohl erst auf den letzten Drücker fertig, ein für Dezember angesetztes Testevent wurde in eine kleinere Halle verlegt. "Wir sind eingeladene Gäste, aber sie kennen unsere Bedenken", merkte NHL-Commissioner Gary Bettman jüngst an.

Manche Probleme werden die Spiele begleiten - teils sogar einkalkuliert. So wird in Norditalien auf größtenteils bestehende Anlagen gesetzt, gemäß den Reformen des IOC. Der Preis der vielfach beschworenen Nachhaltigkeit sind immense Entfernungen - allein die Hauptorte Mailand und Cortina d'Ampezzo sind über fünf Autostunden entfernt. "Das werden Einzelweltmeisterschaften an verschiedenen Orten", hatte Wolfgang Maier, Alpindirektor des Deutschen Skiverbandes, im Februar im Bayerischen Rundfunk gewettert. Das weitläufige Konzept breche "dem olympischen Gedanken das Genick".

Um dem entgegenzusteuern, setzen die Organisatoren auf verbindende Symbole, so findet die Eröffnungsfeier für die rund 2900 Athletinnen und Athleten (davon rund 185 aus Deutschland) nicht allein im Mailänder San-Siro-Stadion, sondern auch in Cortina d'Ampezzo, Livigno und Predazzo statt. Gute TV-Bilder dürften garantiert sein. Für die Besucher der Spiele - 1,6 Millionen Tickets gibt es - gilt dagegen: Geld und Geduld sind gefragt, und ruhiges Winterwetter wäre gewiss hilfreich.

Unterkünfte in Cortina sind knapp

Denn in den Bergregionen um die Zentren Cortina (Ski alpin, Curling, Eiskanal-Wettbewerbe), Antholz (Biathlon), Bormio (Ski alpin, Skibergsteigen), Livigno (Ski Freestyle) und Predazzo/Tesero (Ski nordisch) sind die Unterkünfte knapp und Straßen ebenso schmal wie rar. Auch Olaf Tabor räumte ein, die "Sicherstellung des Transports" sei "herausfordernd", wenngleich "organisatorisch im grünen Bereich".

Winterspiele seien "komplexer zu organisieren" als Sommerspiele, sagte Organisationschef Andrea Varnier kürzlich im Deutschlandfunk und pries sogleich das öffentliche Verkehrsnetz auf Schiene und Straße an.

Klagen von Anwohnern sorgen für Schlagzeilen

Entlang dieser Straßen sorgten zuletzt Klagen von Anwohnern über durch Baustellen ausgelöste Erdrutsche für Schlagzeilen. Auch die Schneesicherheit dürfte ein Faktor werden angesichts des Klimawandels - Italien ist das europäische Land mit dem größten Einsatz von Kunstschnee.

Für Klarheit hat das IOC frühzeitig in einer brisanten sportpolitischen Frage gesorgt: Wie in Paris dürfen Russen und Belarussen nur als neutrale Einzelathleten und nach vorheriger Gesinnungsprüfung starten.


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