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NFL: Kuss auf den Kopf? Hintergründe zum Aus von Christian Wilkins bei den Raiders

NFL: Kuss auf den Kopf? Hintergründe zum Aus von Christian Wilkins bei den Raiders
NFL: Kuss auf den Kopf? Hintergründe zum Aus von Christian Wilkins bei den RaidersPaul Winters/Flashscore
Die überraschende Entlassung von Christian Wilkins durch die Las Vegas Raiders hat weitreichende sportliche, rechtliche und finanzielle Konsequenzen für beide Seiten. Der defensive Tackle war erst im März 2024 mit großen Erwartungen von den Miami Dolphins gekommen und hatte einen mit 110 Millionen Dollar dotierten Vierjahresvertrag unterschrieben, von dem 84,75 Millionen Dollar garantiert waren. Die Trennung folgte nun nach nur fünf Einsätzen und monatelangen Reha-Diskussionen

Ursachen der Entlassung: Verletzung, Reha-Streit und ein Zwischenfall

Im Zentrum des Konflikts steht eine sogenannte Jones-Fraktur, die sich Wilkins in der Saison 2024 zugezogen hatte. Trotz einer eigentlich üblichen Heilungsdauer von drei bis vier Monaten sahen die Raiders die Notwendigkeit einer zweiten Operation. Wilkins hingegen lehnte dies ab und setzte auf eine konservative Reha. Diese Meinungsverschiedenheit über den medizinischen Umgang mit der Verletzung führte letztlich zu einer massiven Vertrauenskrise zwischen Spieler und Team.

Ein weiterer Aspekt kam kurz vor der Entlassung ans Licht: Laut Medienberichten soll Wilkins einen Teamkollegen in einem Meetingraum auf den Kopf geküsst haben – ohne dessen Zustimmung. Der Vorfall wurde intern untersucht, ein offizieller Zusammenhang mit der Entlassung wurde zwar nicht bestätigt, doch Raiders-Coach Pete Carroll lehnte eine Stellungnahme zu dieser Anschuldigung ab. In Kombination mit den medizinischen Differenzen dürfte der Vorfall die Entscheidung zumindest nicht verhindert haben.

Finanzieller Konflikt: Ungültige Garantien und offener Rechtsstreit

Brisant ist die Entscheidung der Raiders, die verbleibenden 35,2 Millionen Dollar an garantierten Zahlungen im Juni für ungültig zu erklären. Die NFLPA reichte daraufhin – am letzten möglichen Tag – eine nicht-verletzungsbezogene Beschwerde im Namen von Wilkins ein. Die Beschwerde betrifft also nicht die medizinische Behandlung an sich, sondern die Vertragsauslegung bezüglich der Garantiezahlungen.

Die Raiders argumentieren, dass die Situation rund um die Genesung und das Verhalten des Spielers ihre Entscheidung rechtfertigt. Wilkins hingegen sieht einen Vertragsbruch, da seine Entlassung aus Sicht der NFLPA keine ausreichende Grundlage für die Aberkennung der Garantien bietet.

Ein möglicher Präzedenzfall droht: Sollte Wilkins verlieren, könnten Teams künftig eher versuchen, sich durch strategische Vertragsinterpretationen von garantierten Summen zu befreien – ein Szenario, das die NFLPA unbedingt verhindern will.

Sportliche und wirtschaftliche Folgen für die Raiders

Für die Raiders hat dieser Fall auch Salary-Cap-relevante Konsequenzen. Bereits wurden rund 50 Millionen Dollar an Wilkins gezahlt, darunter 24 Millionen als Signing Bonus und weitere 25,5 Millionen an Gehaltsbestandteilen. Diese Zahlungen belasten die Gehaltsobergrenze der kommenden Jahre, da sie anteilig auf mehrere Saisons verteilt werden müssen – unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreits.

Sportlich verlieren die Raiders einen der besten Defensive Tackles der Liga, für den sie in der Free Agency tief in die Tasche gegriffen hatten. Die Entlassung reiht sich ein in eine Serie kostspieliger Fehleinschätzungen, wie zuvor bei Antonio Brown im Jahr 2019.

Zukunftsperspektiven für Wilkins

Trotz des laufenden Rechtsstreits ist Wilkins theoretisch Free Agent und darf sich anderen Teams anschließen, sofern er deren medizinische Untersuchungen besteht. Ob und wann es zu einem neuen Engagement kommt, hängt jedoch stark vom gesundheitlichen Zustand seines Fußes ab.

Wilkins selbst hat sich öffentlich nicht zur Situation geäußert. Teamaussagen von Spielern wie Adam Butler deuten jedoch darauf hin, dass es auch persönliche Herausforderungen gegeben haben könnte, die die Lage zusätzlich belastet haben.