Dabei hatte das Wochenende noch verheißungsvoll begonnen. Lewis Hamilton, Ferraris neue Hoffnungsträger, sicherte sich den Sieg im Sprintrennen – ein perfekter Start für den britischen Superstar in Rot. Doch während in Maranello noch auf den kollektiven Freudentaumel angestoßen wurde, lauerte die kalte Dusche bereits am Horizont.
Beim Hauptrennen am Sonntag wurde Ferrari auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt – und das nicht auf die sanfte Tour. Charles Leclerc und Lewis Hamilton landeten auf den Plätzen fünf und sechs, nur um nach dem Rennen von der FIA unsanft aus dem Klassement gewischt zu werden. Der Grund? Regelverstöße, die so vermeidbar wie peinlich waren.
Leclercs Auto war mit 799 Kilogramm genau ein Kilo zu leicht – eine absurde Kleinigkeit, die jedoch eine glasklare Regelverletzung darstellt. Hamilton wiederum scheiterte an der vorgeschriebenen Mindestdicke des Unterboden-Bretts. Während Ferrari beteuert, dass kein „Vorteil“ beabsichtigt war, ist der Schaden längst angerichtet: ein sportliches Desaster und ein PR-GAU sondergleichen.
Der rote Scherbenhaufen – Chaos in Maranello
In Italien herrscht blanke Fassungslosigkeit. Die Euphorie um Hamiltons Verpflichtung, die Hoffnung auf eine Wende nach Jahren der Ernüchterung – sie sind vorerst wie weggeblasen. Die Gazzetta dello Sport titelte gnadenlos „Rote Karte für Ferrari“ und gab dem Team eine bittere 4/10. La Stampa rief gar „Alarmstufe Rot“ aus.
Formel-1-Experte Umberto Zapelloni setzte noch einen drauf und zog Parallelen zu früheren Ferrari-Debakeln. Er erinnerte an Jean Todts beinahe erfolgten Rücktritt 1999 nach einer weit geringeren Regelwidrigkeit. Doch Teamchef Frédéric Vasseur? Bleibt gelassen – zumindest nach außen. Ob sich das Team im Hintergrund neu aufstellt, bleibt abzuwarten. Die Stimmen nach einer internen Neustrukturierung werden jedenfalls lauter.
Die Auswirkungen dieses schwarzen Sonntags? Verheerend. Hamilton fällt auf Platz neun der Fahrerwertung zurück, Leclerc gar auf Platz zehn. Ferrari als Konstrukteur? Mit mickrigen 17 Punkten nur noch auf Rang fünf. Das schlechteste Ergebnis nach zwei Rennen seit Einführung des neuen Punktesystems 2010. Eine bittere Statistik, die in Maranello Albträume hervorruft.
Während sich die Konkurrenz in Sachen Performance weiter steigert, kämpft Ferrari gegen seine eigenen Unzulänglichkeiten – und gegen die eigenen Dämonen. Die Scuderia versprach, aus den Fehlern zu lernen. Doch für die lange leidgeprüften Tifosi klingt das eher nach einem Mantra als nach einer echten Lösung. Seit zwei Jahrzehnten wartet Ferrari auf einen WM-Titel – und nach diesem Wochenende wirkt es nicht so, als ob sich daran bald etwas ändern würde.
Ferrari wollte mit Lewis Hamilton und Charles Leclerc die goldene Ära wiederaufleben lassen. Stattdessen hat man in China Geschichte geschrieben – aber auf die denkbar schlimmste Art und Weise. Ein Neuanfang sieht anders aus.