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Über EM-Halbfinale und Online-Drohungen - Luke Woodhouse im Exklusiv-Interview

Luke Woodhouse bei der letztjährigen Darts WM.
Luke Woodhouse bei der letztjährigen Darts WM.Zac Goodwin / PA Images / Profimedia
Spätestens nach dem herausragenden Ergebnis bei der European Darts Championship ist Luke Woodhouse der breiten Masse ein Begriff. Der 36-Jährige hat in den letzten Jahren einen extremen Sprung gemacht und zeigt immer mehr, dass er das Potenzial für die absolute Weltspitze hat. Wir haben mit dem sympathischen PDC-Star aus Bewdley gesprochen und von seinen Zielen und Träumen erfahren, sondern auch über die Schattenseite des Sports bei der auch der Familie gedroht wird.

Du hast als 24. der Setzliste das Halbfinale bei der diesjährigen Darts-EM erreicht. Wie erklärst du dir dein bisher bestes Ergebnis bei einem Major-Turnier?

Ja. Ich meine, ich war an 24 gesetzt, also habe ich in der ersten Runde gegen Ross Smith gespielt wo ich bereits wusste, dass es ein schweres Spiel werden würde, aber er hatte nicht seinen besten Tag und das hat mir in die Karten gespielt. Auch ist der Modus besser, um sich ins Spiel hineinzufinden, das habe ich dann gegen Ryan Searle und der Runde danach gegen Dirk gut aufs Board gebracht. Ich glaube, gegen Richie im Halbfinale ging mir ein bisschen die Luft aus. Auf der Bühne herrschte eine ziemliche Brise, was sicher auch ein paar der Spieler erwähnt haben. Aber ich war mehr als glücklich, dass ich mein erstes Major-Halbfinale erreicht habe. 

Match-Center: Dirk van Duijvdenbode vs. Luke Woodhouse

Würdest du aufgrund der letzten Woche sagen, dass 2024 ein noch besseres Jahr für dich war, als 2023?

Ja, auf jeden Fall. Es hat auch meine Ranglistenposition verbessert und mich in eine gute Position für das nächste Jahr gebracht. Bis vor ein paar Tagen war 2023 wirklich mein erfolgreichstes Jahr, aber durch das Major Halbfinale hat sich alles auf den Kopf gestellt. Ich war dieses Jahr wegen meines Pro Tour Rankings auch viel auf der European Tour unterwegs. Mit 2024 bin ich also echt zufrieden und hoffe, dass ich jetzt so weitermachen kann und bis 2025 noch weiter nach vorne, unter die Top 32 der Welt zu komme und meinen Platz unter den Top 32 zu festigen kann.

Wie trainierst du vor den Majors und jetzt auch vor der Weltmeisterschaft? Spieler wie Luke Littler schwören auf ihre Xbox-Sessions, wie sieht es bei dir aus?

Nein, ich war noch nie jemand, der große Trainingseinheiten gut fand. Ich werde wahrscheinlich von jetzt an bis zu den Weltmeisterschaften drei bis vier Stunden am Tag trainieren, aber das wird aufgeteilt in anderthalb Stunden am Nachmittag, anderthalb Stunden am Abend und vielleicht noch eine weitere Stunde in der Nacht. Ich trainiere viel mit meinem Bruder, er wirft gute Darts, also trainiere ich mit ihm. Es gibt einen Jugendspieler, der ziemlich weit oben in der JDC ist, den ich coach, das ist für mich dann auch Übung.

Ich neige dazu, nur das zu tun, was ich für nötig halte. Wir spielen so viel auf der Pro-Tour, bei so vielen Meisterschaften und diese ganzen Turniere halten einen auch in Form. Wir sind drei Stunden vor dem Event da und werfen dann die ganze Zeit schon aufs Board. Zuhause trainiere ich dann selten, weil das alles schon bei den Events erledigt wird.

Von Leg zu Leg zum Sieg

Was würdest du als deinen bisher größten persönlichen Erfolg der Karriere bezeichnen?

Größte Errungenschaft? Wahrscheinlich auch das Halbfinale der Europameisterschaft. Klar hätte ich am liebsten das Turnier gewonnen, aber das war trotzdem ein großer Erfolg. Abgesehen davon ist es wahrscheinlich immer noch mein größter Erfolg, Michael Smith in meinem Debütjahr bei der WM vor ein paar Jahren geschlagen zu haben. Damals habe ich nicht viel darüber nachgedacht, aber ich im Vorjahr stand er noch im Endspiel. Wenn ich’s im kommenden Jahr aber in die Top 32 schaffen würde, würde das für mich persönlich nochmal alles übertrumpfen.

Wie gehst du dann in diese großen Spiele, denkst du vorher groß darüber nach oder gehst du ins Match und spielst von Leg zu Leg?

Ich habe in den letzten 18 Monaten viel an meinem Mental Game gearbeitet und denke dass das einer der Gründe ist, weswegen mein Spiel konstanter geworden ist und ich auch mehr Erfolge feiern konnte. Ich weiß, dass das klischeehaft klingt, aber ich nehme ein Spiel nach dem anderen, ich denke, dass ich jedes Match gewinnen kann, das ich spiele. Aber auch hier gilt: Wenn man gegen einige der Top-Jungs spielt, kann es sein, dass man in manchen Legs keine Chance hat. Man muss also an jedes Leg denken und einfach versuchen, die ganze Zeit wachzubleiben. Es macht keinen Sinn, immer direkt auf den Sieg zu schauen, das sorgt nur für Nervosität.

Drohung an die Familie und Zukunftspläne

Apropos Mentalität: Du hast dich in den sozialen Netzwerken gegenüber einigen Leuten  geäußert, die dir nach Matches geschrieben oder gepostet haben, weil du nicht so gespielt hast, wie sie dachten und dadurch ihre Wetten verloren haben. Beeinflusst dich das in irgendeiner Form?

Ja, das stört mich nicht wirklich. Ich hatte jedoch ein paar, wo sie dann auf meine Familie gegangen sind und in diese Richtung Drohungen ausgesprochen haben, da verstehe ich dann keinen Spaß mehr. Ich weiß, dass das nur leere Worte sind und es geht nur darum ihren Frust wegen der verlorenen Wette rauszulassen, als Spieler trifft mich das also nicht.

Aber dann die Familie anzufeinden und zu drohen ist ein No Go. Das passiert in allen Sportarten. Ich habe neulich einen Tweet von Mark Allen gesehen, dem Snooker-Spieler, der vehement beschimpft wurde. Dasselbe passierte der Tennis-Spielerin Jody Buridge. Sie wurde heftig beschimpft, weil sie Spiele verloren hatte. Es ist wirklich so, dass Leute, die offensichtlich Geld darauf gesetzt haben, dass du gewinnst oder eine 180 wirfst oder was auch immer und das dann nicht passiert, das Bedürfnis haben, ihren Frust und was auch immer an der Person auszulassen, die gespielt hat. Was sie manchmal nicht erkennen, ist, dass die Person, zum Beispiel ich in diesem Fall, wenn sie auf mich losgeht, das Spiel 10.000 Pfund an Preisgeld gekostet haben könnte, und niemand will mehr gewinnen als die Person, die diesen Sport ausübt. Das ist unser Beruf, das ist unser Job. Am Ende blockiere ich diese Leute dann meist und hoffe, dass sie mich dann in Ruhe lassen.

Was ist jetzt dein Plan für die Zukunft, was willst du im Dartssport noch erreichen?

Die Top-32 hatte ich schon erwähnt wäre mein erstes Ziel und dann dort meinen Platz festigen und weiter nach vorne arbeiten. Ich würde gerne wieder zum World Matchplay, das würde meine Konstanz nochmal unterstreichen. Ich bin nicht so einer, der sagt, dass er sich mal als die Nummer 1 der Welt sieht, wenn ich’s schaffe unter die Top-16 zu kommen wäre das ein Traum. Dann könnte ich sagen, dass ich wirklich mal in der absoluten Weltspitze war. Aber ich schaue da nicht so weit voraus, eine Zeit lang war es für mich nur das Ziel, meine Tourcard zu behalten, jetzt ist es die Top-32 und weitere Majors zu spielen. Ich will einfach Schritt für Schritt arbeiten und hoffentlich dafür belohnt werden.

Interview von Henri Briese
Interview von Henri BrieseFlashscore