Mehr

"Kein Freilos": Eishockey-WM mit hohen Zielen und langen Wegen

Eishockey-Bundestrainer Harold Kreis
Eishockey-Bundestrainer Harold KreisČTK / DPA / Christoph Reichwein
Harold Kreis geht in seine dritte Weltmeisterschaft als Bundestrainer - mit hohen Erwartungen, einem neuen Kapitän und womöglich weiterer Hilfe aus der NHL.

In voller Montur geht es im Bus zur Trainingshalle, im Golfcart von der provisorischen Kabine im Messezentrum, nur mit Vorhängen von den anderen Teams getrennt, in die WM-Arena: Die Wege in Herning sind lang und mitunter kompliziert. Und auch sportlich gibt es für Harold Kreis keine Abkürzung – auch wenn alle schon von der K.o.-Runde reden.

"Es gibt ja kein Freilos", sagt der Eishockey-Bundestrainer im Interview mit dem Sport-Informations-Dienst (SID). Soll heißen: Erst muss die deutsche Nationalmannschaft die Vorrunde überstehen.

Warten auf Stützle

Ob dabei NHL-Star Tim Stützle helfen kann, war auch zwei Tage vor dem Auftaktspiel in der Jyske Bank Boxen am Samstag (16:20 Uhr/Pro7 und MagentaSport) gegen Ungarn weiter unklar.

Tim Stützle im Trikot der Ottawa Senators
Tim Stützle im Trikot der Ottawa SenatorsČTK / AP / Michael Dwyer

Noch gab es kein grünes Licht von den Ottawa Senators für den leicht angeschlagenen Stürmer. Auch wenn diesmal zunächst die vermeintlichen kleinen Gegner warten, warnt Kreis: "Es gibt kein Spiel, vor dem man sagt: Das ist jetzt nicht so entscheidend." Deshalb heißt das Ziel erstmal Viertelfinale.

Ob dann wie im Vorjahr bereits Schluss ist oder es wie beim Silbercoup 2023 bis ins Endspiel weitergeht? Am Teamspirit und der Mentalität seiner Spieler werde es nicht scheitern, meint der Bundestrainer: "Die holen alles aus sich heraus. Wenn es am Ende Metall mit sich bringt – umso besser."

Der 66-Jährige weiß, dass die Ansprüche (extern genauso wie intern) gestiegen sind. Das Viertelfinale ist längst nicht mehr das Nonplusultra, sondern nur noch "Priorität Nummer eins", wie der neue Kapitän Moritz Seider betont, "in einem K.o.-Spiel ist dann immer alles drin."

Deutschlands Kapitän Moritz Seider
Deutschlands Kapitän Moritz SeiderČTK / DPA / Christoph Reichwein

Das dachte sich das deutsche Team auch vor sieben Jahren bei der letzten WM an selber Stelle in Dänemark. Drei Monate nach dem sensationellen Endspieleinzug bei Olympia verpassten aber Leon Draisaitl und Co. deutlich die K.o.-Runde, mussten zwischenzeitlich gar Punkte gegen den Abstieg sammeln. Seitdem gelang jedes Jahr der Sprung ins Viertelfinale, zweimal ging es sogar noch weiter.

Match-Center: Deutschland vs. Ungarn

Ohne Routinier Müller

Immer dabei war Moritz Müller, der jetzt wegen einer Schulterverletzung erstmals seit der WM 2012 zuschauen muss. "Es ist ganz anders", hat Stürmer Dominik Kahun festgestellt, der zusammen mit dem langjährigen Kapitän Silber bei Olympia und WM gewann, "man merkt direkt: Es fehlt jemand."

Der inzwischen 38-jährige Müller war "ein Vorreiter dieser Mentalität, in jedes Spiel mit dem absoluten Siegeswillen zu gehen, sich voll in Dienst der Mannschaft zu stellen", sagt Kreis, der Seider zu dessen Nachfolger machte - und damit zum jüngsten WM-Kapitän seit über 50 Jahren.

Der NHL-Verteidiger der Detroit Red Wings, auf und neben dem Eis ein wichtiger Motor bei der Vizeweltmeisterschaft 2023, ist ein enormes Update für die Abwehr gegenüber dem vergangenen Jahr. In der Offensive allerdings fehlen die NHL-Profis John-Jason Peterka und Nico Sturm, die bei den letzten beiden WM-Turnieren zusammen 18 Tore beisteuerten.

In die Bresche springen könnte Stützle, wenn er kommen sollte. Oder die besten DEL-Torjäger der letzten Jahre: Der Kölner Justin Schütz traf zuletzt in zwei Spielzeiten 57-mal, der Berliner Leo Pföderl krönte sich beim elften Titelgewinn der Eisbären zum Play-off-Rekordtorjäger.

Torjäger Schütz
Torjäger SchützROLF VENNENBERND / DPA / dpa Picture-Alliance via AFP / Profimedia

"Aber unsere Mannschaft darf nicht von ein oder zwei Spielern abhängig sein", mahnt Kreis, der in seine dritte WM geht. Sein Vertrag läuft nächstes Jahr aus. Doch daran denkt er gerade gar nicht, das "ist irgendwas für die Zukunft". Allerdings: Auch mit 66 Jahren hat er weiter "Riesenspaß, weil ich die Sportart mag und gute Leute um mich herum habe". Die wissen, dass bei der WM die Wege lang sind.

Sidney Crosby und Co.: Die Stars der Eishockey-WM 2025