"Entscheidung des Herzens": Nagelsmann korbt die Bayern

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"Entscheidung des Herzens": Nagelsmann korbt die Bayern
Wird es vorerst nicht geben: Julian Nagelsmann in den Bayern-Farben
Wird es vorerst nicht geben: Julian Nagelsmann in den Bayern-FarbenAFP
Julian Nagelsmann bleibt Bundestrainer. Der DFB ist hocherfreut, für den überrumpelten FC Bayern wird die Zeit auf der Suche nach einem Nachfolger für Thomas Tuchel langsam knapp.

An der Säbener Straße wussten sie am frühen Freitagvormittag erst mal nichts von ihrem Pech. Die Herzens-Entscheidung von Julian Nagelsmann, dem FC Bayern einen Korb zu geben und dafür lieber bis nach der WM 2026 Bundestrainer zu bleiben, dürfte die Verantwortlichen des deutschen Rekordmeisters völlig überrumpelt haben: Auf der Suche nach einem Nachfolger für Thomas Tuchel muss Sportvorstand Max Eberl nach der Absage von Xabi Alonso nun auch den nächsten großen Favoriten von seiner Kandidatenliste streichen.

Entscheidung des Herzens - und gegen Bayern

Nagelsmanns Begründung für seinen Verbleib beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) klingt wie eine Watschn für den FC Bayern. "Das ist eine Entscheidung des Herzens", sagte er zu seinem am Freitag verkündeten Entschluss, dem Werben von Eberl nicht nachzugeben. Nagelsmann wird wie gewünscht weiter in München wohnen bleiben können, dem Verein, der ihn vor zwölfeinhalb Monaten trotz der Aussicht auf drei Titel schnöde vor die Tür setzte und ihn nun trotzdem zurückholen wollte, zeigte er die kalte Schulter. Wer mag es ihm verdenken?

Beim DFB fühlt sich Nagelsmann ganz offensichtlich besser aufgehoben als beim FC Bayern - nicht zuletzt nach seinem wagemutigen, aber geglückten Umbau vor den beiden Länderspielen in Frankreich (2:0) und gegen die Niederlande (2:1). "Die Begeisterung der Fans", betonte er nun, "hat mich sehr berührt", ganz davon abgesehen sei es natürlich "eine große Ehre, die Nationalmannschaft trainieren zu dürfen" und damit auch mit den "besten Spielern des Landes" zu arbeiten.

Nagelsmann entgeht potenziellen Konflikten

Zu den besten Spielern des Landes gehört Leon Goretzka nach Auffassung von Nagelsmann derzeit nicht. Beim DFB hat er ihn ausgebootet, beim FC Bayern hätte er ihn aber ebenso wieder getroffen wie Joshua Kimmich, der erst von Tuchel und dann auch bei der Nationalmannschaft auf den Posten des Rechtsverteidigers verschoben wurde. Auch das Verhältnis zu Manuel Neuer gilt als belastet. Und im Gegensatz zu den unbelasteten Eberl und Sportdirektor Christoph Freund soll eine mögliche Rückkehr von Nagelsmann nicht allen im Verein gefallen haben.

Eberl steht nun unter massivem Druck. Er braucht weiter möglichst bald einen Trainer, um auch den Kader für die kommende Saison planen zu können. "Ich habe mit vielen gesprochen", sagte er nach dem Einzug der Münchner ins Halbfinale der Champions League am Mittwoch und betonte: "Ich habe gesagt, dass wir sehr, sehr viele Gespräche geführt haben und natürlich irgendwann dann unseren Trainer präsentieren wollen", und zwar dann, "wenn beide Seiten ja sagen - das ist wie bei der Ehe."

Wer wird Bayern-Coach?

Nagelsmann aber wollte kein zweites Mal "ja" zum FC Bayern sagen, und Eberl steht nun wenige Schritte vor dem Altar ohne Partner da: Möglichst noch im April, so war es geplant, sollte der Nachfolger von Tuchel vorgestellt werden, weil auch Spieler wie Kimmich wissen wollen, wie denn ihre Zukunft aussehen könnte. "Wir wollen es so schnell wie möglich machen, weil wir auch Planungssicherheit haben wollen", betonte Eberl noch am Mittwoch und ergänzte lächelnd: "Meine ganzen Notiz-Zettel könnt ihr dann mal lesen, wenn es so weit ist."

Während Eberl das Lächeln erst mal vergangenen sein dürfte, badeten sie beim DFB geradezu im Glück. Dass der Bundestrainer bis 2026 bleibe, sei ein "starkes Signal" für den DFB, sagte Präsident Bern Neuendorf und betonte: "Die Nationalmannschaft ist für Julian Nagelsmann mehr als ein Job, sie ist ihm eine echte Herzensangelegenheit." Sportdirektor Rudi Völler, der seinen Vertrag bis 2026 ebenfalls verlängert hat, fügte hinzu: Nagelsmann "brennt für die Nationalmannschaft".

Es ist ein Feuer, das der FC Bayern bei Nagelsmann offensichtlich nicht mehr entfacht hat - und zumindest einer an der Säbener Straße hatte es kommen sehen. Thomas Tuchel sagte am Freitagmittag, er habe "damit gerechnet", dass sein Vorgänger nicht sein Nachfolger werde. "Für die Nationalmannschaft ist die Entscheidung gut, weil sie Klarheit und Stabilität bringt vor der EM." Für den FC Bayern ist die Entscheidung das genaue Gegenteil.