Mehr

EXKLUSIV: "Perfektionist" - Danijel Pranjic verrät, wer sein Lieblingstrainer war

Danijel Pranjic während der EM 2012 gegen Spanien
Danijel Pranjic während der EM 2012 gegen Spanien Sharifulin Valery / TASS / Profimedia
Der kroatische Fußballer Danijel Pranjic ist ein Fußballspieler, an den man sich in ganz Europa gerne erinnert: in seinem Heimatland, für das er über 50 Länderspiele absolvierte, beim niederländischen Verein Heerenveen und sogar bei Bayern München. Im exklusiven Interview sprach Pranjic mit Flashscore über seine Karriere, die Erfolge der kroatischen Nationalmannschaft und den Trainer, der ihn am meisten geprägt hat.

Nach seinem Rücktritt als Profispieler leitete Pranjic die kroatischen Erstligisten Dubrava und Trnje, die bosnischen Vereine Sloboda Tuzla und GOSK Gabela sowie den zypriotischen Verein Achyronas-Onisilos. Heute ist der ehemalige Spieler des FC Bayern 43 Jahre alt, lebt mit seiner Familie in Rumänien und ist dort als Assistenztrainer beim Unterligisten Adunatii Copaceni tätig.

Frage: Sie haben bei vielen Vereinen und unter einigen vielen Trainern gespielt. Welchen würden Sie als den besten bezeichnen, und welcher war Ihr Lieblingstrainer?

Antwort: Ja, ich hatte viele Trainer in meiner Karriere, und der beste war sicherlich Louis van Gaal bei Bayern, der mir viele Dinge beigebracht hat. Er war für mich "der" Trainer.

Danijel Pranjic mit Louis van Gaal bei Bayern
Danijel Pranjic mit Louis van Gaal bei BayernČTK / AP / Matthias Schrader

Allerdings war es auch immer sehr schwierig, mit ihm auf Dauer zu arbeiten. Die erste Saison war stets gut, und dann fingen die Probleme an, weil er sehr streng war und ein Perfektionist ist, der keine Fehler akzeptiert. Und mit Spielern wie (Franck) Ribery, (Arjen) Robben, den großen Stars, war es schwierig, ein Gleichgewicht und eine gute Kommunikation zu finden.

"Deshalb habe ich mich für einen Wechsel zu Bayern entschieden"

 

F: In welcher Phase Ihrer Karriere haben Sie Ihrer Meinung nach Ihren besten Fußball gespielt?

A: Ich glaube, dass ich bei Heerenveen meinen besten Fußball gespielt habe. Deshalb habe ich mich in dieser Zeit für einen Wechsel zu Bayern München entschieden. Es ist besonderes, wenn man auf dem Platz das Gefühl hat, dass man machen kann, was man will. Und in meiner vierten Saison in den Niederlanden hatte ich dieses Gefühl. Ich habe wirklich jede Sekunde auf dem Platz genossen.

Wenn ich zurückkehre, selbst heute noch, spüre ich die Energie zwischen mir und den Leuten dort und dem Verein. Wenn ich mich also entscheiden müsste, so würde ich diesen Abschnitt meiner Karriere wählen.

F: Sie haben die meiste Zeit Ihrer Karriere als Flügelspieler oder Mittelfeldspieler gespielt, aber für Kroaien fast ausschließlich als Linksverteidiger. Auch bei Bayern kamen sie auf dieser Position oft genug zum Einsatz. War das ein Problem für Sie?

A: Ich liebe den Fußball und wollte immer auf dem Platz stehen. Egal, auf welcher Position. Und ich war als Spieler so etwas wie ein Allrounder. Ich konnte auf vielen Positionen spielen, und wenn ich meinen Fußballstil jetzt analysiere, würde ich sagen, dass meine natürliche Position die des linken Außenverteidigers war.

Wenn ich meine ganze Karriere lang nur auf dieser Position gespielt hätte, wäre ich meiner Meinung nach einer der besten Spieler auf dieser Position gewesen, weil ich alles hatte. Ich war laufstark, kreativ und hatte eine sehr gute Technik, konnte zudem gut flanken. 

F: Was hat Ihnen mehr gefallen: das Spielen für den Verein oder die Nationalmannschaft?

A: Das kann man nicht vergleichen. Jede Sekunde für die Nationalmannschaft, für uns Kroaten, ist etwas Besonderes. Natürlich respektiere und unterstütze ich jeden Verein, für den ich gespielt habe. Aber für die Nationalmannschaft zu spielen: das war mein Traum.

Und dieser Traum ist wahr geworden. Ich bin wirklich stolz auf jede Sekunde, in der ich für die kroatische Nationalmannschaft, für unser Volk, mein Herz gegeben habe. Das ist wirklich ein unglaubliches Gefühl, wenn man seine Familie, seine Eltern und sein Land vertritt.

Pranjic über Kroatien und Luka Modric

F: Die kroatische Nationalmannschaft ist buchstäblich explodiert und hat zweimal in Folge, 2018 und 2022, das WM-Podium erreicht. Woher kommt diese besondere Stärke?

A: Das ist schwer zu erklären. Ich denke, dass wir das Schritt für Schritt aufgebaut haben. Seit 1998, als wir mit der Nationalmannschaft Dritter bei der WM wurden. Danach kam eine neue Generationdas Erbe anzutreten war denkbar schwer. Boban, Suker, Boksic, Jarni: Wir alle wollten so sein wie sie.

Wir hatten auch danach viele gute Spiele, aber uns fehlten immer einige Dinge. Wir haben in dieser Zeit aus unseren Fehlern gelernt. Zum Beispiel die Niederlage bei der Europameisterschaft in Österreich, als wir im Elfmeterschießen gegen die Türkei verloren haben. Ich glaube, dieses Spiel hat alles verändert.

Wir hatten in der 119. Minute zum 1:0 in der Verlängerung getroffen - und dann traf in der letzten Sekunde die Türkei zum 1:1 und gewann im Elfmeterschießen. Wenn wir dieses Spiel gewonnen hätten, hätten wir das Halbfinale erreicht. Dort hätten wir gegen Deutschland gespielt, die wir schon in der Gruppenphase geschlagen hatten. Die Tür zum Finale war also offen, aber das Schicksal hatte einen anderen Plan. Das war wirklich ein schwerer Schlag für die kroatische Nationalmannschaft. Auch für mich und alle meine Mannschaftskameraden.

Doch diese schlechten Erinnerungen aus der Umkleidekabine sind auch die Dinge, die einen stärker machen. Ich denke, dass dieses Spiel die Karriere aller Spieler stark verändert hat, besonders die von Luka Modric, Ivan Rakitic und anderen Spielern, die in Russland Vizeweltmeister wurden. Dort haben wir dann viele Spiele im Elfmeterschießen gewonnen. Deshalb denke ich, dass uns das Spiel gegen die Türkei viel gegeben hat.

F: Was halten Sie von Modric, der auch mit 39 Jahren noch nicht an den Rücktritt denkt?

A: Luka Modric, was soll man über ihn sagen? Ich kann nur sagen, dass ich froh war, mit ihm in der Nationalmannschaft die Umkleidekabine zu teilen, und auch einige Spiele gegen ihn zu bestreiten, als ich bei Celta war und er in Madrid. Er ist der beste Spieler in der Geschichte Kroatiens. Was er bei Real Madrid geleistet hat, war unglaublich. 

Die Art und Weise, wie er spielt und wie er sich um seinen Körper kümmert, ist wirklich bemerkenswert. Ich denke, er dient als perfektes Beispiel für jeden Spieler, der Profifußballer werden will - vor allem für die jungen Spieler. Ich bin froh, dass ich ihn jetzt noch mindestens eine weitere Saison beim AC Mailand sehen werde, um sein Können und seine Sichtweise des Fußballs zu genießen. Er sieht den Fußball mit anderen Augen.

F: Als Kind haben Sie und Ihre Familie eine Zeit des Krieges erlebt. Haben Sie irgendwelche Erinnerungen an diese Zeit, die Sie mit uns teilen können?

A: Zu der Zeit, als der Krieg begann, lebten wir in Bosnien. Das sind natürlich keine schönen Erinnerungen. Mein Vater kam ins Gefängnis, einen Monat lang hörten wir nichts von ihm. Das war ein schwieriger Moment für unsere Familie, und wir sind einfach froh, dass er lebt und noch gesund ist. Und das war's. Keine schönen Zeiten in meinem Leben.

Wenn ich heute sehe, was in der Welt passiert ist, dann verstehe ich die Gehirne der Leute nicht. Oder die Menschen, die entscheiden, dass Krieg etwas Gutes ist oder dass wir mit Krieg entscheiden können, was wichtig ist und was nicht wichtig ist. Ich denke, dass Kommunikation viel stärker ist als jede Waffe, und ich denke, dass die Menschen miteinander reden müssen, um Lösungen zu finden. Krieg ist keine Lösung für irgendetwas. Deshalb hoffe ich, dass all diese Kriege, die heute stattfinden, bald enden werden.