Handschuhe hatte Merle Frohms immerhin an, als sie dick eingepackt in eine lange Winterjacke mit leerem Blick durch das Stadion stapfte. Allerdings war es nicht die Sportausführung für mögliche Paraden, sondern nur die Stoffvariante zum Kälteschutz. Die brauchte die ehemalige Fußball-Nationaltorhüterin, denn auf der Ersatzbank des VfL Wolfsburg war es ziemlich frostig. Dort saß die degradierte Frohms, die den vorläufigen Tiefpunkt ihres steilen sportlichen Abstiegs der vergangenen Monate erleben musste.
Nächster Rückschlag nach den Olympischen Spielen
Den jüngsten Rückschlag für die Vize-Europameisterin von 2022 verkündete VfL-Trainer Tommy Stroot nach dem ungefährdeten Sieg (3:0) des siebenmaligen Meisters am Montagabend im Bundesligaspiel gegen Carl Zeiss Jena - bei dem Anneke Borbe zwischen den Pfosten stand. Der DFB-Pokalsieger plane ab sofort mit der bisherigen Reservistin Borbe im Tor, sagte der Coach: "Merle hat die Entscheidung sehr professionell aufgenommen. Persönlich können wir ihr nichts vorwerfen. Sie ist jeden Tag mit Vollgas dabei."
Vollgas bergab geht es für Frohms, die in der vergangenen Woche ihren 30. Geburtstag feierte, allerdings seit dem vergangenen Sommer. Nach Jahren als Nummer eins in der Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) wurde die strahlende Vorzeigekickerin des Verbands vom damaligen Bundestrainer Horst Hrubesch kurz vor den Olympischen Spielen hinter Ann-Katrin Berger zurückgestuft. Mit Berger im Tor holten die Deutschen in Frankreich Bronze, Frohms schmorte auf der Bank.
Als Konsequenz trat Frohms im September aus der Nationalmannschaft zurück - und kritisierte hinterher DFB-Ikone Hrubesch. Die Kommunikation im Vorfeld der Spiele sei "nicht glücklich" gelaufen, sagte die 52-malige Nationalspielerin Ende November dem kicker: "Da hätte ich mir einfach mehr Transparenz gewünscht, mehr Austausch."
Abschied am Saisonende
Ihr Rücktritt sei wohlüberlegt gewesen und keine Trotzreaktion: "Ich bin glücklich mit meiner Entscheidung." Auch in Wolfsburg sei sie "super zufrieden", gab die gebürtige Niedersächsin damals zu Protokoll: "Da muss ein Angebot schon sehr, sehr gut sein, damit ich bereit bin, aufzugeben, was ich hier habe."
Entweder flatterte in der Zwischenzeit ein solches Angebot ins Haus oder es gibt andere Gründe - jedenfalls bestätigte der VfL zuletzt, dass Frohms ihren auslaufenden Vertrag nicht verlängern und den Klub genau wie Nationalspielerin Jule Brand nach Saisonende verlassen wird. Erst 2022 war Frohms nach je zwei Jahren beim SC Freiburg und bei Eintracht Frankfurt zu den Wölfinnen zurückgekehrt.
Ein Wechsel nach England ist mittlerweile im Gespräch. Doch der Abschied im Sommer hat laut Stroot "Nullkommanull" damit zu tun, dass Frohms ihren Stammplatz im Tor verloren hat. Grund sei vielmehr die positive Entwicklung von Borbe in den vergangenen Monaten.
Davon kann Frohms nicht gerade berichten.