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Fürs Erste ging's gut, aber Hoeneß bleibt verstimmt - der VfB nach dem Woltemade-Abgang

Sebastian Hoeneß ist nicht zufrieden mit der Lage.
Sebastian Hoeneß ist nicht zufrieden mit der Lage.ČTK / imago sportfotodienst / Grant Hubbs
Der Transfer von Nick Woltemade verdeutlicht die Defizite des VfB Stuttgart. Sportvorstand Fabian Wohlgemuth verteidigt sich.

In den ersten Momenten nach dem ersten Spiel ohne Nick Woltemade wirkte Sebastian Hoeneß erleichtert. Der Trainer des VfB Stuttgart lächelte, er umarmte jeden, der ihm über den Weg lief. Es dauerte nach dem mühsamen 1:0 (0:0) gegen Borussia Mönchengladbach freilich nicht lange, bis sich seine Miene wieder verdüsterte. Hoeneß bleibt verstimmt, weil seine Vorgesetzten nicht so gehandelt haben, wie es besprochen war.

Der Vorstandsvorsitzende Alexander Wehrle und Sportvorstand Fabian Wohlgemuth ließen folglich nichts unversucht, den Nacht-und-Nebel-Verkauf von Woltemade für bis zu 90 Millionen Euro an Newcastle United zu rechtfertigen. Er verstehe die Kritik von Hoeneß, "so ein Transfer schließt natürlich auch ein, dass nicht alle Hurra schreien", sagte Wohlgemuth. Und ja, "auch bei mir ist es so, dass da logischerweise zwei Herzen in meiner Brust schlagen".

Millionen-Glück für den VfB

Es sei nun mal so, erläuterte der bisweilen schnippisch antwortende Wohlgemuth, dass der VfB "natürlich ein Fußballklub" sei, aber "darüber hinaus ein Wirtschaftsunternehmen". Im Fall von Woltemade habe man sich "der Realität" des kurzfristigen Angebots stellen müssen. Am Ende des Entscheidungsprozesses sei es eben so gewesen, sagte Wohlgemuth kühl und lapidar, "dass wir den Interessen des Wirtschaftsunternehmens entsprochen haben".

Und so erhält der VfB nun bis zu 90 Millionen Euro für einen Spieler, den er für lau bekommen hat. Nicht zu vergessen: Zuvor hatte ihm schon der Wechsel von Enzo Millot nach Saudi-Arabien 30 Millionen Euro eingebracht. Aber: Der sportliche Preis ist hoch. Gegen Gladbach war das Fehlen der zwei Leistungsträger kaum zu übersehen, es wurde noch schlimmer, als Deniz Undav in der 14. Minute mit einer Verletzung am Knie ausgewechselt werden musste. Ausfallzeit vorerst unklar.

"Schlagkräftige Mannschaft"

Ja, sagte Hoeneß, er verfüge schon über eine gute Mannschaft. Der in die Defensive gedrängte Wohlgemuth wies eilfertig darauf hin, dass der VfB "fünf deutsche Nationalspieler" im Kader habe, "das heißt, unser Kader ist gut aufgestellt". Das kann man allerdings auch ein wenig differenzierter betrachten. "Haben sie mal unsere Bank gesehen?", sagte Hoeneß. In der Tat sind seine Optionen dort nun sehr eingeschränkt, es fehlt an erfahrenem Personal.

Gegen defensiv solide, in der Offensive aber abschlussschwache Gladbacher ging es gerade nochmal gut - weil Torwart Alexander Nübel hervorragend hielt und Hoeneß dann auf besagter Bank einen Spieler fand, der fürs Erste für Erleichterung sorgte. José María Andrés Baixauli, genannt Chema Andrés oder Chema, erzielte per Kopfball das Tor des Tages (79.). Bezeichnenderweise nach einer Standardsituation.

Der 20 Jahre alte Spanier, geholt für drei Millionen Euro Ablöse von Real Madrid, "spielt teilweise eher wie ein etwas älterer, erfahrenerer Spieler", sagte Hoeneß. Aber ob nun Chema und der ebenfalls erst 20 Jahre alte Badredine Bouanani, der bereits für 20 Millionen Euro vom französischen Erstligisten OGC Nizza abgelöst sein soll, die Defizite beheben können? Fraglich. "Wir wollen", sagte Hoeneß am Samstag, "eine schlagkräftige Mannschaft. Daran werden wir jetzt arbeiten müssen." Wohlgemerkt. "Werden".

Denn, Wirtschaftsunternehmen hin oder her: "Am Ende geht es aber darum", betonte Hoeneß, "dass wir unsere sportlichen Ziele nicht außer Acht lassen dürfen."