Inmitten der größten Krise der vergangenen Jahre zieht Sebastian Kehl die Zügel an. Der Sportdirektor hat den Spielern von Borussia Dortmund pünktlich zum Schlussspurt der Fußball-Bundesliga eine unmissverständliche Forderung mit auf den Weg gegeben. Wer auch im kommenden Jahr für den BVB spielen will, muss jetzt dauerhaft liefern - und das bereits am Sonntag (17.30 Uhr/DAZN), wenn Dortmund die Überflieger des FSV Mainz 05 begrüßt.
"Jeder einzelne Spieler hat zu verinnerlichen, wo wir gerade stehen, und jeder Einzelne hat die absolute Pflicht, jetzt alles zu geben für Borussia Dortmund. Sofort, und zwar am absoluten Maximum, in jedem Spiel", sagte Kehl den Ruhr Nachrichten: "Wer nicht die richtige Haltung an den Tag legt, vertritt nicht die Werte, für die wir stehen wollen, und wird damit auch keine Perspektive in diesem Klub haben."
Richtungsweisende Wochen
In den nächsten Wochen gehe es nicht nur um Punkte, sondern insbesondere um Antworten auf unangenehme Fragen: "Wer nimmt diese Situation jetzt an? Wer stellt sich auch in den Wind und wer übernimmt jetzt Verantwortung?", sagte Kehl. Die Verantwortlichen, die aufgrund der immensen Schwankungen bereits gezwungen waren, Trainer Nuri Sahin durch Niko Kovac zu ersetzen, werden "genau schauen, auf welche Spieler Borussia Dortmund auch in der Zukunft bauen kann".
Aus dem aktuellen Kader müssen sich alle Spieler angesprochen fühlen. Kein einziger hat in dieser Saison dauerhaft Leistung abgerufen, obwohl die Qualität zweifelsohne vorhanden ist. Das gilt für Julian Brandt, der nach dem Abschied von Marco Reus und Mats Hummels zu einem Gesicht des Klubs werden sollte und momentan ein Schatten seiner selbst ist. Das gilt für junge Wilde wie Jamie Gittens und Maximilian Beier genauso wie für Routiniers wie Pascal Groß, Emre Can oder Niklas Süle.
Das große Problem: Im Sommer läuft keiner der mitunter sehr hoch dotierten Verträge aus, der dringend nötige Umbruch wird also schwierig zu moderieren und könnte viel Geld kosten. Gleichzeitig ist ein Szenario, in dem der Klub selbst die Conference League verpasst, durchaus realistisch. Das würde den BVB nicht unvorbereitet treffen, behauptet Kehl, dennoch ist es der Anspruch, dauerhaft international zu spielen - und die Strategie darauf ausgelegt, regelmäßig Einnahmen über europäischen Klubfußball zu generieren.
Mangelnde Torausbeute eines der vielen Probleme
Obwohl Kehl Gefahr läuft, seine jetzigen Spieler zu verärgern, sieht er in seinem öffentlichen Appell die Chance, sie bei der Ehre zu packen. "Wir brauchen jetzt Männer, die Lust auf Herausforderungen haben, die angriffslustig sind und sich nicht verstecken", sagte er: "Das wollen die Fans sehen, das sind wir ihnen schuldig."
In 26 Ligaspielen hat der BVB lediglich 45 Tore geschossen, was Kehl als einen "nicht akzeptablen Wert" bezeichnete. Und Dortmund hat als Elfter mehr Spiele verloren als gewonnen, in extremem Kontrast dazu stehen die Leistungen in der Champions League, die den BVB bis ins Viertelfinale geführt haben. Wie passt das zusammen?
Die Mannschaft sei "für ganz andere Erwartungen und Ansprüche zusammengestellt", so Kehl: "Am Ende sind wir womöglich nicht so gut, wie wir alle und viele Experten gedacht haben - aber auch nicht so schlecht, wie es die Tabelle darstellt." Acht Spiele bleiben, um die Saison zu retten.
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