Nick Woltemade küsste erst mal seinen Schienbeinschoner. Genau genommen jenen, auf dem seine Familie abgebildet ist. Die, betonte er, habe ihn dahin gebracht, wo er jetzt sei: In der Bundesliga. Dort hat der 22 Jahre alte Angreifer bereits ein paar Mal sein Können aufblitzen lassen, beim 3:2 (0:1) des VfB Stuttgart gegen Union Berlin überstrahlte er dann alles. Und er hätte sich keinen besseren Tag dafür aussuchen können.
Nach einer miserablen ersten Halbzeit hatte Trainer Sebastian Hoeneß entschieden, dem Spiel durch Woltemade eine Wende zu geben. "Energie", berichtete Woltemade, habe er "reinbringen" sollen.

Das misslang erst mal - nach dem Treffer von Danilho Doekhi (37.) erhöhte Robert Skov (48.) für die Eisernen. Aber dann: "Energieriegel" Woltemade zum ersten (51.), Woltemade zum zweiten (59.) - und plötzlich war der gesamte VfB ein anderer als zuvor.
Match-Center: Stuttgart vs. Union
Ein "brutal wichtiger" Spieler
Woltemade veränderte nicht nur das Spiel, sondern gleich den ganzen Verein, denn: In der ersten Halbzeit des schon vierten Spiels innerhalb von vier Tagen hatte der VfB genau so ausgesehen, wie er trotz der ungewohnten Belastung nicht aussehen wollte: müde, uninspiriert - "schwer anzuschauen", wie Hoeneß zugab. Die Einwechslung Woltemades wirkte dann wie eine Frischzellenkur. "Er hat das Momentum kreiert, das uns in der ersten Halbzeit gefehlt hat", sagte Hoeneß.
"Er war brutal wichtig, als der reingekommen ist, er hat eine brutale Physis, eine brutale Präsenz, so brauchen wir ihn", sagte Siegtorschütze und Kapitän Atakan Karazor (69.) über den 198 Zentimeter langen Angreifer, der bei seinen Treffern freilich auch mit seinen technischen Fähigkeiten beeindruckte.
Vor allem der schnelle Anschlusstreffer sei "sehr wichtig" gewesen gewesen, ergänzte Hoeneß, dadurch sei "das Gefühl entstanden, das Ding ist nicht durch".
Am Ende überwog bei den Stuttgartern die Erleichterung, diese so kräftezehrende Phase mit einem Sieg abgeschlossen zu haben. "Das war sehr wichtig nach den harten Wochen", sagte Woltemade, der in seinen bislang 425 Einsatzminuten nun schon sechs Treffer erzielt hat. Das ist deutlich mehr, als Karazor bislang gelungen ist: Sein Tor war sein erstes im 118. Bundesligaspiel.