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EXKLUSIV: Jens Petter Hauge über Bodo/Glimt, Europa-Ambitionen und Ex-Trainer Glasner

Jens Petter Hauge nahm sich nach dem Training Zeit für ein Gespräch mit Flashscore.
Jens Petter Hauge nahm sich nach dem Training Zeit für ein Gespräch mit Flashscore.David Pávek/Flashscore
Jens Petter Hauges Karriere schließt ihren Kreis. Vom Teenager, der bei seinem Debüt einen Hattrick für seinen Heimatverein erzielte, über den AC Mailand bis hin zum Gewinn der Europa League mit Eintracht Frankfurt – der Norweger hat den Glanz der größten europäischen Bühnen erlebt.

Doch die Heimat rief nach ihm. Er kehrte zu Bodo/Glimt zurück – einer Mannschaft oberhalb des Polarkreises, die harte Arbeit, kollektives Wachstum und Leistung über Ergebnisse stellt.

Mit seinen 25 Jahren ist Hauge mehr als nur einer der talentiertesten Spieler des Vereins. Er verkörpert genau die Mentalität, die Bodo/Glimt vom Außenseiter zum viermaligen norwegischen Meister gemacht hat.

In einem exklusiven Interview mit Flashscore erzählt Jens Petter Hauge mehr über die Einzigartigkeit von Bodo/Glimt, erinnert sich daran, wie der Verein die Stadt zusammengebracht hat und wie sie ihn sogar bei seinen Abenteuern im Ausland begleitet hat.

Sie gaben Ihr Debüt in der ersten Mannschaft von Bodo/Glimt im Alter von 16 Jahren, als Sie eingewechselt wurden und gleich einen Hattrick erzielten. Wie fühlt sich ein Jugendspieler nach so einem unglaublichen Debüt für seinen Heimatverein?

"Ich war super aufgeregt, dass ich im Kader stand und mit der Mannschaft reisen durfte. Ich habe nicht sehr lange mit der ersten Mannschaft trainiert, und dann haben sie mir gesagt, dass ich zum Spiel mitkomme. Ich habe mich riesig gefreut, war schon richtig stolz, und dann schieße ich auch noch ein Tor. Ich glaube, ich habe damals gar nicht so richtig verstanden, wie wichtig das für mich ist. Aber es hat mir auf jeden Fall viel mehr Selbstvertrauen gegeben."

Bodo/Glimt hat vier der letzten fünf Titel gewonnen, aber Sie sind schon seit der zweiten Liga Stammspieler in der ersten Mannschaft. Können Sie beschreiben, wie weit der Verein seitdem gekommen ist?

"Wir haben und sehr verändert, wir haben unsere Denkweise angepasst. Früher hatten wir vor jeder Saison Sitzungen, in denen wir unsere Ziele festlegten – wie viele Punkte wir erreichen wollen, wie viele Tore wir schießen wollen … Aber wir haben herausgefunden, dass das der falsche Fokus ist."

"Wir haben angefangen, an unserer Leistung zu arbeiten und uns mehr darauf zu konzentrieren als auf die Ergebnisse. Das hat unsere Trainingsmethoden und die Art und Weise, wie wir uns selbst einschätzen, stark verändert. Wir hatten auch viele junge einheimische Spieler, die zur gleichen Zeit aufgestiegen sind und sehr motiviert waren, hart zu arbeiten.

Jens Petter Hauge im Gespräch mit Flashscore-Redakteur David Pávek in Bodo
Jens Petter Hauge im Gespräch mit Flashscore-Redakteur David Pávek in BodoFlashscore

Etwas, das wir oft gehört haben, ist, dass Bodo/Glimt ein einzigartiger Verein ist – sowohl was seine Lage über dem Polarkreis als auch seine Denk- und Arbeitsweise angeht. Was unterscheidet ihn Ihrer Meinung nach von den europäischen Vereinen, die hierherkommen, um die UEFA-Wettbewerbe gegen Sie zu spielen?

"Ich denke, die meisten Vereine, auf die wir treffen, interessieren sich nur für die Ergebnisse. Wenn sie schlecht spielen, aber am Ende 1:0 gewinnen, gehen sie glücklich nach Hause. Natürlich stimme ich mit ihnen überein, was die Grundlagen angeht, man muss viel opfern und alles tun, was man kann, um zu gewinnen. Aber unser Fokus ist ein bisschen anders."

"Für mich ist es besser und richtiger, wenn man langfristig denkt. Denn man hat vielleicht ein- oder zweimal Glück, aber man kann nicht 30 Spiele lang Glück haben. Wenn man sich auf seine Leistung konzentriert, wird sich das auszahlen."

Cheftrainer Kjetil Knudsen ist ein großer Teil des Erfolgs. Er ist seit 2018 hier und hat den Verein zunächst aus dem Abstiegskampf befreit und dann zu vier Titeln geführt. Wie würden Sie ihn als Trainer und als Mensch beschreiben?

"Er ist vielen Trainern, mit denen ich in Europa gearbeitet habe, sehr ähnlich, aber es gibt auch einige Unterschiede. Er hat hohe Ansprüche. Er will, dass jeder sein ganzes Leben in den Fußball investiert. Aber er ist auch ein sehr guter Mensch."

"Er weiß, dass er keine Leistungen von jemandem auf dem Platz erwarten kann, dem es abseits des Platzes nicht gut geht. Kjetil weiß, dass wir eine gute Umkleidekabine voller Freunde brauchen, die gerne zusammen spielen und die ganze Zeit zusammen unterwegs sind."

Als wir durch die Stadt liefen, sah man überall Bodo/Glimt-Farben und -Flaggen. Glauben Sie, dass der Verein die Stadt zusammengeschweißt hat, vor allem durch den jüngsten Erfolg?

"Ja, die Fankultur hier hat sich definitiv stark verändert. Als ich anfing zu spielen, interessierten sich nur wenige Leute für den Verein und gingen kaum zu den Spielen."

"Ich glaube, während der Corona-Pandemie hat sich etwas geändert. Die Leute konnten nicht viel machen, mussten zu Hause bleiben, aber sie fingen an, sich unsere Spiele im Fernsehen anzusehen. Sie sahen, wie wir die Liga gewannen und in Europa gegen den AC Mailand spielten … das gab den Leuten in einer schwierigen Zeit etwas, das sie anfeuern konnten."

Jens Petter Hauge spielte zwischen 2020 und 2022 für den AC Mailand.
Jens Petter Hauge spielte zwischen 2020 und 2022 für den AC Mailand.Credit: ČTK / AP / Jonathan Moscrop

Nachdem der AC Mailand Sie von Bodo/Glimt gekauft hatte, erzielten Sie Ihr erstes Ligator beim SSC Neapel. Wie haben Sie sich gefühlt, als Sie innerhalb weniger Monate nicht mehr für Ihren Heimatverein spielten, sondern für diesen Verein?

"Es war ein unglaubliches Gefühl. Ich erinnere mich, dass ich mein erstes Tor für Mailand ein paar Wochen zuvor in der Europa League erzielt hatte, aber das war das erste in der Serie A. Es war etwas ganz Besonderes, auch, weil Bodo/Glimt am selben Tag den Meistertitel gewonnen hat! Das war ein ganz besonderer Tag für mich."

Als Sie mit Eintracht Frankfurt die Europa League gewonnen haben, war Oliver Glasner dort Ihr Trainer. Verfolgen Sie jetzt seinen Erfolg mit Crystal Palace?

"Wir hatten ein gutes Verhältnis, er ist ein fantastischer Mensch. Wir bleiben in Kontakt und haben uns auch letztes Jahr bei einem Freundschaftsspiel getroffen. Er ist ein unglaublicher Trainer, der bei Palace Großes geleistet hat. Von ihm zu lernen, war eine tolle Erfahrung."

Sie sind nach vier Jahren im Ausland nach Bodo zurückgekehrt. Wie haben Sie die Erfahrungen in der Serie A und der Bundesliga geprägt?

"Ich habe viel erlebt und mit einigen der besten Spieler der Welt gearbeitet und trainiert. Ich bin so dankbar für diese Erfahrung und dafür, dass ich gelernt habe, wie die Besten der Welt arbeiten. Ich versuche, diese Erfahrung mitzunehmen und jeden Tag mit ihr zu arbeiten. Ich möchte dem Team und den jungen Spielern helfen, sich zu entwickeln."

Hauge war ein wichtiger Teil des Erfolgs von Bodo/Glimt
Hauge war ein wichtiger Teil des Erfolgs von Bodo/GlimtHaakon Kjollmoen

Welche Ziele haben Sie jetzt, mit Bodo und für sich selbst?

"Ich persönlich möchte mich als Spieler weiterentwickeln. Ich fühle mich im Moment sehr gut, und ich hoffe, dass ich mit 25 Jahren noch viele Jahre vor mir habe. Wenn die Zeit reif ist, möchte ich wieder ins Ausland gehen und in einer der besten Ligen spielen. Für die Mannschaft ist es ganz klar, dass wir uns in der Champions League mit den besten Mannschaften messen wollen."

Sturm Graz ist das einzige, was zwischen Bodo/Glimt und der Champions League steht. Was denken Sie über dieses Spiel?

"Ich denke, sie sind auf einem ähnlichen Niveau wie wir, und es wird spannend zu sehen, ob wir unser Bestes geben und gegen sie antreten können. Es ist ein wirklich spannendes Spiel. Sie liegen uns gut, aber sie haben viele Qualitäten, also müssen wir unser Bestes geben."

"Aber ich glaube, wir waren noch nie so gut vorbereitet wie jetzt. In der letzten Saison haben wir in Europa mit Tottenham, Lazio und Olympiacos harte Spiele bestritten. Wir haben viel aus diesen Spielen gelernt und werden bereit sein."

Außerhalb des Vereinsfußballs sind Sie auch ein fester Bestandteil der norwegischen Nationalmannschaft. Ist die Teilnahme an der Weltmeisterschaft eines Ihrer Ziele?

"Das ist es auf jeden Fall. Das norwegische Volk hat es verdient, seine Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft zu sehen. Wir hatten einen guten Start, und mit der Gruppe von Spielern, die wir jetzt haben, halte ich es für möglich. Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg."

"Ich denke, die Erwartungen an die Nationalmannschaft sind gestiegen, seit Spieler wie Erling Haaland und Martin Odegaard zu Weltstars geworden sind. Die Leute erwarten von uns, dass wir gut abschneiden. Aber das hat auch die jungen Spieler inspiriert, die sehen, dass es möglich ist, zu den besten Spielern der Welt zu gehören, auch wenn man aus einem kleinen Land wie Norwegen kommt."