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Spektakel mit Schattenseiten: Kylian Mbappes erste Saison bei Real Madrid

Kylian Mbappe jubelt nach seinem Treffer gegen Sevilla
Kylian Mbappe jubelt nach seinem Treffer gegen SevillaCorchero/AFP7 / Shutterstock Editorial / Profimedia
Als Kylian Mbappé im Sommer 2024 endlich im Trikot von Real Madrid auflief, schien sich ein lang ersehnter Traum für Klub und Spieler zu erfüllen. Der Wechsel des französischen Superstars von Paris Saint-Germain in die spanische Hauptstadt war mehr als nur ein Transfer – es war ein Statement. Real holte nicht nur einen der torgefährlichsten Spieler der Welt, sondern auch einen der schillerndsten Namen des Weltfußballs. Doch war seine erste Saison bei den "Königlichen" auch ein sportlicher Erfolg?

Rein statistisch betrachtet hat Mbappé geliefert: 29 Tore in 33 Ligaspielen, 40 Treffer in 54 Pflichtspielen – das sind Werte, die sonst nur Lionel Messi oder Cristiano Ronaldo im weißen Trikot vorweisen konnten. Der Franzose steht kurz davor, sich zum Torschützenkönig der LaLiga zu krönen, und ist damit auch im Rennen um den Goldenen Schuh ganz vorne dabei.

Doch trotz dieser beeindruckenden Zahlen bleibt ein Zweifel. In den entscheidenden Spielen der Saison – den Clasicos und den großen Champions-League-Partien – blieb Mbappé häufig blass. In vier Aufeinandertreffen mit Erzrivale FC Barcelona setzte es vier Niederlagen. Selbst ein Hattrick im letzten Clasico reichte nicht aus, um das Spiel zu gewinnen (3:4). In der Champions League versagten ihm gegen Topgegner wie Arsenal, Dortmund oder Mailand oft die Nerven – bis auf ein Glanzlicht: ein Dreierpack gegen Manchester City.

Kylian Mbappe in Jubelpose für Real Madrid.
Kylian Mbappe in Jubelpose für Real Madrid.IPA, Independent Photo Agency / Alamy / Profimedia

Mbappés größte Stärke – sein Torriecher – wurde oft von seiner größten Schwäche überschattet: dem mangelnden Beitrag zum Mannschaftsspiel. Seine Defensivwerte sind ernüchternd: Nur fünf abgefangene Bälle und eine Zweikampfquote von 44 % in LaLiga sind für einen Spieler seiner Klasse schlicht nicht akzeptabel. In der Offensive zeigte er sich häufig egoistisch, verpasste mögliche Vorlagen und suchte stattdessen den Abschluss – ein Problem, das auch sein Zusammenspiel mit Vinicius Junior erschwerte. Beide Spieler bevorzugen ähnliche Räume und Laufwege, was zu einem ständigen Konflikt im Offensivspiel führte.

Mbappe und Real: Missverständnis mit Ansage?

Dass sich Mbappé in der spanischen Hauptstadt schwer tun würde, war nicht völlig überraschend. Die Erwartungen waren gigantisch, und das Umfeld von Real Madrid ist bekanntlich gnadenlos, wenn es um Erfolg geht. Der Franzose wurde zeitweise sogar von den eigenen Fans ausgepfiffen – ein ungewohntes Erlebnis für einen Spieler, der in Paris trotz aller Wechselpossen lange Zeit gefeiert wurde.

Seine Passzahlen offenbaren eine gewisse Isolation: Im letzten Clasico brachte er (bei einer zugegeben hohen Erfolgsquote von 95,5 %) insgesamt nur neun Pässe an den Mann. Gegen schwächere Gegner wie Espanyol war er zwar aktiver im Spielaufbau, jedoch mit deutlich geringerer Präzision. Mbappé glänzte oft individuell, aber zu selten als integraler Bestandteil des Teams.

Keine Titel, viele Fragen

Die Saison 2024/25 endet für Real Madrid mit nur einem Titel – dem UEFA-Superpokal. Für die Ansprüche des spanischen Rekordmeisters ist das zu wenig. Und so wird die Verpflichtung Mbappés zwar nicht grundsätzlich infrage gestellt, doch sie wirft wichtige Fragen auf: Muss er sich anpassen? Muss das Team um ihn neu strukturiert werden? Oder war es schlicht der falsche Zeitpunkt für diesen Wechsel?

Kylian Mbappe während seiner Präsentation im Bernabeu im Juli 2024.
Kylian Mbappe während seiner Präsentation im Bernabeu im Juli 2024.Isabel Infantes / PA Images / Profimedia

Brisant ist auch, dass sein Ex-Klub Paris Saint-Germain ohne ihn erstmals das Finale der Champions League erreicht hat – und dort womöglich triumphieren wird. PSG-Trainer Luis Enrique brachte es im Februar auf den Punkt: „Wir sind ohne Mbappé besser – offensiv wie defensiv.

Kylian Mbappé hat in seiner ersten Saison bei Real Madrid zweifellos beeindruckende Zahlen geliefert – aber den entscheidenden Unterschied hat er (noch) nicht gemacht. Wenn Real Madrid Erfolg ausschließlich über Tore definiert, war seine Spielzeit ein Erfolg. Doch im kollektiven Gefüge, in der Verantwortung in den großen Spielen und im Beitrag zum Teamerfolg bleibt Luft nach oben. Die Saison 2025/26 wird zeigen, ob er bereit ist, nicht nur Starspieler, sondern auch Teamspieler zu sein. Nur dann kann Mbappé bei Real wirklich Geschichte schreiben.

Jason Pettigrove
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