Lena Oberdorf war mittendrin. Im roten Bayern-Dress hüpfte die 23-Jährige unter dem goldenen Konfettiregen, stemmte die Meisterschale in die Höhe und feuerte mit schwarzer Ski-Brille im Gesicht wenig später die Trikot-Kanone ab. Doch während die Mittelfeldspielerin die rauschende Double-Party der Münchnerinnen in vollen Zügen genoss, werden die Sorgen mit Blick auf ihre EM-Teilnahme immer größer.
Denn den perfekten Saisonabschluss ihrer Teamkolleginnen beim 3:0 (2:0) gegen die SGS Essen musste Oberdorf am Sonntag mal wieder als Zuschauerin verfolgen – und damit auch ihre letzte Chance auf einen Liga-Einsatz vor der Europameisterschaft (2. bis 27. Juli) verstreichen lassen. Die Fragezeichen hinter einer Reise Oberdorfs zum Turnier in die Schweiz mehren sich.
"Wir stehen gemeinsam mit 'Obi' in engem Austausch mit dem DFB", erklärte FCB-Direktorin Bianca Rech bei MagentaSport. Man werde "zeitnah auch ganz offiziell das eine oder andere bekannt geben", versicherte Rech.
Bundestariner möchte Türe noch nicht schließen
Klar ist jedoch: Die Einsatzmöglichkeiten vor dem Saisonhöhepunkt werden immer weniger. Seit ihrem Kreuzbandriss im Juli wartet Oberdorf auf ihre Premiere im Bayern-Trikot, in der Bundesliga hat sie vor der EM keine Chance mehr auf eine Belastungsprobe.
Vor den letzten Härtetests der Nationalmannschaft in der Nations League gegen die Niederlande und in Österreichsoc (30. Mai/3. Juni) stünden bei den Bayern am Sonntag nur noch der Zweitliga-Saisonabschluss der zweiten Mannschaft beim 1. FC Nürnberg und das neue Turnierformat "World Sevens Football" in Portugal an.
Bei dem Wettbewerb, der vom 21. bis 23. Mai im 7-gegen-7-Kurzspielformat ausgetragen wird, sollen laut Rech die EM-Fahrerinnen aber zum Großteil nicht zum Einsatz kommen.
Es wäre "fahrlässig", schon jetzt die Tür für Oberdorf zu schließen, hatte Bundestrainer Christian Wück Anfang Mai in der ARD noch betont, seinen EM-Kader wird er am 12. Juni verkünden, eine Woche später beginnt die Vorbereitung in Herzogenaurach. Doch schon jetzt werden die Zweifel lauter.
Lehmann äußert ihre Zweifel
"Lena Oberdorf spielt auf einer Position, auf der sie in unglaublich viele Zweikämpfe verwickelt ist", erklärte die TV-Expertin und ehemalige Schweizer Nationaltorhüterin Kathrin Lehmann bei MagentaSport. Dazu ein neuer Bundestrainer mit einem neuen System, die lange Verletzungspause - und dann gleich in Europas Spitze bestehen? "Nie im Leben", lautete Lehmanns Prognose.
So oder so: Bei allen Überlegungen sei es wichtig, die Spielerin selbst "mit an Bord zu nehmen", hatte Rech vor wenigen Wochen betont: "Denn letztendlich ist sie diejenige, die am Ende entscheiden wird, ob sie dazu fähig ist und in welcher Rolle auch immer."
Und Oberdorf selbst? Hält sich öffentlich bedeckt. Der Sommer werde "turbulent", kündigte sie in ihrem Podcast "Popcorn und Panenka" an, ohne genauer darauf einzugehen. Sie werde nicht in München sein, verriet Oberdorf nur. Die Fragezeichen dürften nach dieser Aussage jedenfalls nicht kleiner werden.