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"Opa, das war für dich": EM-Heldin Berger und eine bewegende Botschaft

Nüsken (l.) gratuliert Berger (r.) zu ihrer grandiosen Leistung
Nüsken (l.) gratuliert Berger (r.) zu ihrer grandiosen LeistungSEBASTIAN CHRISTOPH GOLLNOW / DPA / dpa Picture-Alliance via AFP
Ann-Katrin Berger wird zur Heldin im EM-Viertelfinale. Die "Elferkillerin" hat ihren ganz eigenen Antrieb.

Ann-Katrin Berger blickte tief in die Kamera und klopfte sich mit dem Finger aufs Herz. Dann schickte Deutschlands Erfolgsgarantin eine bewegende Botschaft an ihren vielleicht größten Fan, der vor dem Fernseher mitgefiebert haben dürfte.

"Opa, das war für dich", sagte die nahezu unüberwindbare Nationaltorhüterin inmitten all des Jubels über ihre EM-Heldentaten gegen Frankreich. Und in gewisser Weise besaß Bergers Großvater Herbert ja sogar einen Anteil am Viertelfinal-Drama mit Happy End.

Match-Center: Frankreich vs. Deutschland

Großvater "kommt nur zum Finale"

"Ich habe es schon gesagt: Er kommt nur zum Finale. Da will ich hin", erklärte die "Elferkillerin", die ihre ganz eigene Motivation aus der Ankündigung ihres 92 Jahre alten Opas zog und daher scheinbar spielend die lästige Pflicht auf dem Weg ins Halbfinale erledigte. "Deshalb musste ich auch kurz einen Elfmeter schießen, zwei halten – und jetzt geht's weiter."

Vor allem dank Berger, einer der bislang meistdiskutierten Personalien bei diesem Turnier. Die Fußballerin des Jahres stach in einem von unbändigem Willen getriebenen DFB-Team heraus, nicht nur aufgrund ihrer Nervenstärke. Berger lieferte "eine der besten EM-Paraden aller Zeiten", schrieb der Guardian.

 Gemeint war jener wahnsinnige Hechtsprung in der 103. Minute, mit dem Berger einen verunglückten Kopfball von Janina Minge irgendwie vor der Torlinie aus der Luft fischte. Im Netz lief der Clip dazu rauf und runter.

Tipps von Torwart-Coach vergessen

"Es ist aus Reaktion und Instinkt passiert", sagte Berger, die selbst aber gar nicht so genau verstand, "wie ich da noch hingekommen bin". Ihre Mitspielerinnen schwärmten.

Torhüterin Berger hat entscheidenden Anteil am Sprung ins Halbfinale
Torhüterin Berger hat entscheidenden Anteil am Sprung ins HalbfinaleSEBASTIAN CHRISTOPH GOLLNOW / DPA / dpa Picture-Alliance via AFP

"Krass. Unglaublich. Weltklasse", sagte Flügelspielerin Klara Bühl und hob auch die "unglaubliche Lebenserfahrung" ihrer Teamkollegin hervor. Die 34-Jährige hat bereits zweimal den Schilddrüsenkrebs besiegt: "Sie ist der Ruhepol des Teams." Berger habe "gezeigt, wie unfassbar sie ist".

Dafür benötigte sie nicht einmal die Tipps ihres Torwartrainers. "Tatsächlich habe ich kein einziges Mal draufgeschaut. Ich habe es vergessen", sagte Berger nach dem 6:5 im Elfmeterschießen über die Trinkflasche, auf der Hinweise zu den gegnerischen Schützinnen notiert waren.

Zwei Versuche parierte die Elfmeter-Spezialistin, die der DFB-Auswahl im Vorjahr bereits Olympia-Bronze gesichert hatte. Dazu verwandelte sie selbst – und konnte sich anschließend eine Spitze in Richtung der Kritiker nicht verkneifen.

Berger pariert einen Elfmeter
Berger pariert einen ElfmeterDenis Balibouse / Reuters

Kritiker verstummen

Sie kriege bestimmt "noch ein bisschen Ärger vom Bundestrainer", sagte Berger mit einem Augenzwinkern, nachdem Christian Wück sie nach dem Dänemark-Spiel (1:2) für ihre mitunter riskanten Dribblings gerüffelt hatte. Jetzt, meinte die Keeperin, habe sie es "wieder gutgemacht".

Und wie! Es sei "bemerkenswert, wie Anne mit den ersten drei Spielen umgegangen ist", sagte Angreiferin Giovanna Hoffmann. Schließlich habe es "nicht wenig Kritik" gegeben. Doch trotz ihres herausragenden Auftritts war Berger "ein bisschen unzufrieden", sie sei im Duell vom Punkt "ab und zu zu früh gesprungen bin. Das wird mein Opa sicher auch sagen."

Ihr Großvater war aber vermutlich schon im Bett, als Berger weit nach Mitternacht der Reaktion ihres Edelfans entgegenfieberte. Sie freue sich besonders auf das Feedback ihres Opas, sagte Berger. Am Morgen danach dürfte sie ihr Postfach gecheckt haben. Denn: Sie erwarte wie immer "eine E-Mail".