Der Gedanke an ihren geliebten Opa Herbert entlockte Ann-Katrin Berger zumindest ein minimales Schmunzeln. "Ich war unfassbar froh, dass er da war", sagte die tragische Figur des EM-Halbfinales mit leiser Stimme, "er hat es sich nicht nehmen lassen, das Trikot zu tragen, was Bände spricht, wie stolz mein Opa auf mich ist."
Nach ihrem entscheidenden Patzer beim 0:1 (0:0) gegen Spanien war die Umarmung mit ihrem doch früher angereisten Großvater (92) zumindest etwas Trost für die niedergeschlagene Nationaltorhüterin.
Ähnliches Schicksal wie Kahn
Da hatte die Elfmeterheldin des Viertelfinales – die Deutschland abermals mit einer starken Leistung überhaupt erst bis in die Verlängerung gebracht hatte – längst zerknirscht alle Schuld auf sich genommen. "Es tut mir furchtbar leid, dass ich in diesem Moment nicht wie in so vielen anderen Momenten zuvor da sein konnte", erklärte Berger, "die Mannschaft hat es furchtbar verdient, im Finale zu stehen."
Ein wenig erinnerte ihr Schicksal an das von Oliver Kahn, der im WM-Endspiel 2002 nach einem überragenden Turnier ebenfalls entscheidend gepatzt hatte.

Sich selbst machte Berger den Vorwurf: "Die kurze Ecke ist meine, ich hätte es besser wissen sollen. Ich bin enttäuscht von mir selbst." Denn in der 113. Minute hatte Weltfußballerin Aitana Bonmatí die deutsche Nummer eins überrumpelt und die Lücke am kurzen Pfosten eiskalt genutzt. So eine "brillante Spielerin", befand Berger, "sieht natürlich die kleinste Lücke."
Keine Vorwürfe von Mitspielerinnen
Ihr Team stellte sich umgehend hinter die beliebte Kämpfernatur, die bereits zwei Erkrankungen an Schilddrüsenkrebs bewältigen musste. "Jeder weiß, dass uns Anne so oft im Turnier gehalten hat", betonte Kapitänin Janina Minge, das Gegentor sei "unglücklich passiert, aber es hätten auch schon fünf Bälle vorher reingehen können, die Anne überragend hält."
Berger müsse "überhaupt nichts leidtun", sagte auch Rebecca Knaak. "Hier soll sich niemand irgendeinen Vorwurf machen", sagte die Innenverteidigerin, "sie vor allem nicht. Sie hat uns im Turnier gehalten." Überhaupt sei die gebürtige Schwäbin "eine Wahnsinnns-Persönlichkeit".