152 Länderspiele hat Guillermo Ochoa bereits für die mexikanische Fußball-Nationalmannschaft absolviert. In besonderer Erinnerung geblieben sind seine starken Leistungen bei der WM 2014 in Brasilien. Im Gruppenspiel gegen die Selecao lief der Torhüter zur Höchstform auf, brachte Neymar und dessen Teamkollegen mit unglaublichen Paraden zur Verzweiflung.
Ochoa wurde nach dem 0:0-Unentschieden zum "Man of the Match" gewählt – und sicherte sich dadurch einen festen Platz in der Fußball-Geschichte.
Auch auf Vereinsebene hat der Mexikaner schon viel erlebt. In jungen Jahren hütete er den Kasten seines Heimatvereins América. Es folgten Stationen in Frankreich (Ajaccio), Spanien (Malaga, Granada), Belgien (Lüttich) und Italien (Salernitana).
Seit Anfang September dürfen die Fans in Portugal seine Künste bewundern. Er nahm eine neue Herausforderung an, unterschrieb einen Einjahresvertrag beim Abstiegskandidaten AVS. Eine riskante, aber notwendige Entscheidung. Denn der in Guadalajara geborene Schlussmann hat ein großes Ziel vor Augen: Die Teilnahme an der WM 2026, welche in Mexiko, Kanada und den USA stattfindet.
WM-Rekord im Visier
Flashscore: Warum hast du dich in dieser Karrierephase ausgerechnet für einen Wechsel nach Portugal entschieden?
Ochoa: Portugal ermöglicht es mir, meine Karriere fortzusetzen und weiterhin das zu tun, was ich am liebsten tue. Die portugiesische Liga ist einer der größten in Europa. Der Wechsel ermöglicht mir also, auf hohem Niveau zu spielen und weiterhin für Mexikos Nationalmannschaft infrage zu kommen.

Die Weltmeisterschaft 2026 wird teilweise in Mexiko ausgetragen. Ist das für dich etwas Besonderes?
Ja! Ich habe an fünf Weltmeisterschaften teilgenommen. Das war für mich immer ein besonderes Gefühl, das ist für jeden Spieler etwas sehr Wichtiges. ganz besonders gewesen. Nicht jeder hat die Möglichkeit, bei fünf Weltmeisterschaften teilzunehmen – und bei sechs Turnieren war noch niemand dabei.
Sollte ich meine sechsten WM in Mexiko absolvieren, wäre das für mich etwas ganz Besonderes. Aber auch für den mexikanischen Fußball – ich würde in die Fußball-Geschichte eingehen. Nur drei Spieler könnten das schaffen: Ronaldo, Messi und ich.
Als Torhüter hat man es nie leicht. Trotzdem möchte ich bei der Weltmeisterschaft dabei sein. Wir werden sehen, ob es gelingt. Ich weiß, dass ich am Ende meiner Karriere stehe. Ich habe mehr Verletzungen und mehr Schmerzen als früher. Das ist normal, so ist das Leben. Wir werden sehen, ob ich es schaffe."
Es wäre der perfekte Abschluss einer glanzvollen Karriere, die vor 24 Jahren begonnen hat. 2004 hast du dein Debüt für die mexikanische Olympiamannschaft gegeben.
"Ich habe schon sehr junge begonnen, auf Profi-Niveau zu spielen. Es ging alles sehr schnell. Mit 18 Jahren habe ich für Club América debütiert. Ein Spitzenteam in Mexiko, das war nicht einfach. Zum Vergleich: Das ist, als würde ein portugiesischer Torwart mit 18 Jahren für Benfica oder die portugiesische Nationalmannschaft spielen.
Ich hatte Glück, denn mein Trainer, Leo Beenhakker, hat viel Vertrauen in mich gesetzt. Ich wurde rasch in die Nationalmannschaft berufen. Dort arbeitete ich mit Trainer Ricardo La Volpe, der sehr viel vom Fußball versteht.
Damals war er auch Nationaltrainer Mexiko, er betreute nicht nur die Olympia-Auswahl. In Athen 2004 habe ich zwar kein einziges Spiel bestritten, aber wichtige Erfahrungen gesammelt.

Er hat als Stürmer begonnen
Ein Jahr später wurdest du für die A-Nationalmannschaft berufen.
"Ja, genau. Mein erstes Länderspiel war vor 19 Jahren. Ein Freundschaftsspiel in den USA, wir spielten gegen Ungarn. Zur zweiten Halbzeit wurde ich eingewechselt und es ist mir gelungen, kein Gegentor zu bekommen. Das war sechs Monate vor der Weltmeisterschaft 2006. Ich hatte eine gute Saison bei América und Ricardo La Volpe hat an mich geglaubt. So konnte ich als dritter Torwart nach Deutschland fahren."
Du hast über Club América gesprochen – dein Lieblingsverein?
Wenn ich meine Karriere betrachte, da war América etwas sehr Großes. Es war der Verein, der mir alles gegeben hat, dort hat meine Karriere begonnen. Ich kam als Kind zum Klub, da war ich neun oder zehn Jahre alt. In der Fußballschule von Club América habe ich als Stürmer angefangen.
Es gab nur einen Torhüter pro Mannschaft und bei uns war der Platz schon vergeben. Ich kam ein bisschen zu spät. Also konnte ich nur als Stürmer spielen. Aber das habe ich gut gemacht, in meinem ersten Spiel habe ich zwei Tore geschossen. Dann verletzte sich unser Torhüter an der Schulter. Der Trainer hat gefragt, wer ins Tor gehen möchte – ich meldete mich, parierte einen Elfmeter.
Als der andere Torwart nach einem Monat Pause wieder zurück war, sagte ich zu mir: "Okay, die Torwartsache ist jetzt vorbei, ich bin wieder Stürmer." Aber der Trainer sagte: "Nein, du bleibst im Kasten."
So hat meine Torhüterkarriere begonnen. Ich habe bemerkt, dass auch meine Trainer mit vertrauen. Ich begann daran zu glauben, dass ich eine bedeutende Karriere machen könnte.
Dein Spitzname ist "Memo". Eine Verkleinerungsform für Guillermo?
"Ja. In Mexiko heißen alle Guillermos Memo. Für Spanier ist es einfacher, Guille zu sagen, aber in Mexiko nennt man mich Memo."
Nicht das erste Angebot aus Portugal
Zurück zu AVS. Es gab bereits einige Mexikaner, die in Portugal aktiv waren. Etwa Hector Herrera. Hast du dich mit jemand über die Liga unterhalten, bevor du hierher gewechselt bist?
Das war nicht notwendig, im Vorfeld des Wechsels wurde alles besprochen. Ich habe die portugiesische Liga schon gekannt. Es gab Spieler hier, wie Herrera, Corona, Diego Reyes, Layun, Raul Jimenez, Omar Govea – vielen von ihnen haben für den FC Porto gespielt. Im Trainingszentrum haben sie mir von der hohen Lebensqualitäten und der Spielweise hier gesprochen. Es klang immer sehr schön: Gutes Essen, gutes Spielniveau, die Portugiesens sind immer hilfsbereit.
Als AVS mich kurz vor Ende der Transferperiode angerufen hat, wusste ich zunächst nicht, wo Vila das Aves liegt. Meine Familie lebt in Madrid. In Italien war ich allein gewesen. Solche Dinge sieht man von Außen nicht. Hinter einem Wechsel stecken viele schwierige Entscheidungen, man muss Verantowrtung tragen.
Ich wusste nicht, wo Vila das Aves liegt. Es war winzig, ein paar tausend Einwohner. Aber in der Nähe von Porto. Es gibt einen 50-minütigen Direktflug nach Madrid, mit dem Auto sind es fünf Stunden. Ich bin also in der Nähe von Madrid, in der Nähe von meiner Familie. Und ich kann weiterhin auf hohem Niveau Fußball spielen.
War es das erste Mal, dass du die Möglichkeit hattest, in Portugal zu spielen?
Nein. Ich bin schon früher kontaktiert worden. Nach der Weltmeisterschaft 2014 bekam ich Anrufe von Benfica. 2018 oder 2019 – ich weiß es nicht mehr genau – nahm auch der FC Porto Kontakt auf, aber sie haben sich für Agustin Marchesín entschieden. Ich ging stattdessen zu América. Und vor ein paar Jahren habe ich auch mit dem SC Braga gesprochen – aber wir haben uns nie geeinigt.