Präsident ohne Jobgarantie - Pablo Longoria und die ewige Krise bei Olympique Marseille

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Präsident ohne Jobgarantie - Pablo Longoria und die ewige Krise bei Olympique Marseille

Marseille-Präsident Pablo Longoria.
Marseille-Präsident Pablo Longoria.Profimedia
Der französische Traditionsverein Olympique Marseille steckt in einer handfesten Krise. Entlassungen stehen an der Côte d’Azur zurzeit auf der Tagesordnung. Das Organigramm des Vereins wird fortlaufend umgewälzt, der sportliche Erfolg bleibt aber weiterhin aus. Allmählich kommen Zweifel den Fähigkeiten von Vereinspräsident Pablo Longoria auf - und das zu Recht. Ein Kommentar von François Miguel Boudet und Micha Pesseg.

Bei Olympique Marseille wurde eine scheinbar endlose Rochade in Gang gesetzt. Auf den Schlüsselpositionen herrscht beim französischen Erstligisten hohe Fluktuation. Sportdirektor David Friio hat den Verein bereits verlassen, der ehemalige Bayern-Profi Mehdi Benatia gilt als sein designierter Nachfolger. Ende September ersetzte Gennaro Gattuso den Spanier Marcelino auf der Trainerbank. Marcelino war in Marseille nur knapp zweieinhalb Monate im Amt.

Eine Entscheidung, die typisch für den Führungsstil von Pablo Longoria ist. Personalwechsel sollten nach Ansicht des Präsidenten bei einem großen Verein wie OM keine Ausnahme, sondern eine Notwendigkeit darstellen. Neue Gesichter, so die These, schützen vor dem Schlendrian. Der Predigt folgten bereits Taten: Neben Trainer Marcelino und Sportdirektor Friio verabschiedeten sich in den vergangenen Monaten auch Javier Ribalta, der "Head of football" sowie der strategische Direktor Pedro Iriondo. 

Pablo Longoria mit Ex-Trainer Marcelino.
Pablo Longoria mit Ex-Trainer Marcelino.AFP

Populistische Entscheidungen

Longorias Idee folgt einer seltsamen Logik und trägt weiterhin keine Früchte. Marseilles aktuelle sportliche Situation ist beängstigend. In der Ligue 1 steckt man im Tabellenmittelfeld fest. Das erklärte Minimalziel - die Qualifikation für das europäische Geschäft - liegt wohl außer Reichweite. Dementsprechend stellt sich die Frage, ob Pablo Longoria bald Opfer seiner eigenen Maxime werden könnte.

Unter Marcelino spielte die Mannschaft zwar attraktiven Fußball, den heißblütigen Anhängern wurde die Ansprache des 58-Jährigen aber kaum gerecht. Marcelino zeichnete sich durch einen ruhigen, fast einschläfernden Kommunikationsstil aus. Nach einem Treffen mit Fanvertretern wurde Marcelino ohne große Emotionen verabschiedet. Auf ihn folgte Gennaro Gattuso - eine höchst populistische Maßnahme.

Pablo Longoria an der Seite von Gennaro Gattuso.
Pablo Longoria an der Seite von Gennaro Gattuso.AFP

Große Erfolge als Trainer weist der Weltmeister von 2006 keine auf, allerdings ist er dafür berüchtigt, seine Pressekonferenzen mit Schaum vor dem Mund abzuhalten. Besserer Fußball wird trotz der etwas auffälliger gelebten Leidenschaft in Marseille nicht gespielt: Unter Gattuso feierte OM in fünf Ligaspielen nur einen einzigen Sieg. Scheinbar wahllos wechselt der Italiener von Spiel zu Spiel seine Formation. Zurzeit setzt der 45-Jährige auf ein traditionelles 4-4-2 - ein System, das laut zahlreichen Experten den Stärken des Kaders nicht gerecht wird.

Longoria trägt Mitschuld

Zuletzt wurde OM vor 13 Jahren französischer Meister. Die Titellosigkeit wird sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nach dieser Saison fortsetzen. Und daran hat Longoria großen Anteil. Der Präsident hat es sich zur Aufgabe gemacht, Transfers höchstpersönlich abzusegnen, obwohl ihm dafür das notwendige Fachwissen fehlt. 

OM ist im Niemandsland gefangen.
OM ist im Niemandsland gefangen.Flashscore

Rund 50 Millionen Euro wurden in die drei jungen Offensivspieler Vitinha (23), Iliman Ndiaye (23) und Ismaila Sarr (25) investiert. Auf dem Spielfeld spiegeln sich die Ablösesummen nicht wider, das Trio war in der laufenden Ligasaison lediglich für sechs Treffer verantwortlich. Dass der 34-Jährige Pierre-Emerick Aubameyang mit einem hoch dotierten Dreijahres-Vertrag ausgestattet wurde, obwohl er in den vergangenen Jahren weder in Barcelona noch beim FC Chelsea kaum Leistung erbracht hat - sorgt ebenfalls für Unverständnis.

Das Transferfenster im kommenden Winter ist Longorias letzte Möglichkeit, zu retten, was noch zu retten ist. Misslingt ihm das - ist es an der Zeit, auch seine Ära zu einem Ende kommen zu lassen.

Zum Match-Center: Straßburg vs. Marseille