Frauen-WM 2027: Auch Bundeskanzler Scholz setzt sich für deutsche Bewerbung ein
Bernd Neuendorf kämpft im Schlussspurt unermüdlich, auch Nia Künzer eilt mit der deutschen Delegation von Termin zu Termin - und angesichts der Außenseiterrolle rührt plötzlich sogar Olaf Scholz noch einmal die Werbetrommel. Die Frauen-WM auszurichten, sei "eine Ehre und eine Verantwortung, die wir annehmen", betonte der Bundeskanzler vor der wichtigsten sportpolitischen Wahl des Jahres für den Deutschen Fußball-Bund (DFB). Er hoffe, "wir sehen uns im Jahr 2027".
Im engen Zweikampf mit Brasilien um das Turnier in drei Jahren ließ der DFB nichts unversucht und stellte noch einmal die Vorteile der gemeinsamen Bewerbung mit den Niederlanden und Belgien heraus. "Wir sind überzeugt, ein Top-Angebot vorgelegt zu haben. Wir werden bis zur finalen Abstimmung alles geben", sagte DFB-Boss Neuendorf, der in Bangkok seit Tagen fleißig Hände schüttelt, um vor dem FIFA-Kongress am Freitag doch noch die letzten unentschlossenen Verbände auf die Seite der europäischen Kandidatur zu ziehen.
Brasilien als Favorit
Denn die Vorzeichen stehen vor dem Showdown nicht unbedingt gut. Der Evaluierungsbericht der FIFA war zuletzt ein Rückschlag: Brasilien erhielt 4,0 von 5 möglichen Punkten, die Europäer kamen lediglich auf 3,7. Der Bericht stellt zwar nur eine Empfehlung dar und war nicht immer ein sicherer Indikator für die letztliche Vergabe, dennoch ist damit die erstmalige Austragung einer Frauen-WM in Südamerika wahrscheinlicher geworden.
Damit es doch noch anders kommt und Fußballfeste unter dem Motto "Breaking New Ground" in Gelsenkirchen, Köln, Düsseldorf und Dortmund steigen können, wurden neben Scholz kurzerhand zudem Belgiens Premierminister Alexander De Croo und Mark Rutte, Ministerpräsident der Niederlande, eingespannt.
Es brauche weiter "Überzeugungsarbeit", sagte auch DFB-Sportdirektorin Nia Künzer der Frankfurter Neuen Presse: "Wir werden einfach bis auf den letzten Meter durchziehen, um zu überzeugen, dass Europa die richtige Wahl wäre."
DFB und Co-Bewerber machen großes Versprechen
Der DFB, der niederländische KNVB und die belgische RBFA versprechen die "kommerziell erfolgreichsten Frauen-WM aller Zeiten". Demnach soll der Erlös von 530 Millionen Euro der erfolgreichen Endrunde in Australien und Neuseeland um satte 50 Prozent gesteigert werden. Ein Argument, das verfangen könnte - vielversprechende Zahlen sind in FIFA-Kreisen immer gern gehört.
Für den DFB steht viel auf dem Spiel, schließlich dürfte die Chance auf eine Heim-WM im Falle einer Niederlage für viele Jahre dahin sein. FIFA-Boss Gianni Infantino pflegt vor dem Männerturnier 2026 immer engere Kontakte in die USA, die nach dem Rückzug im aktuellen Bewerbungsprozess als Kandidat für die Frauen-WM 2031 gelten. Die nächste Chance für den DFB würde sich wohl erst 2035 ergeben.
Deutschland hatte die WM im Jahr 2011 alleine ausgerichtet und will die positive Entwicklung der vergangenen Jahre weiter vorantreiben. Von einer "WM im Herzen Europas, die Frauen und Frauenfußball fördert, die nachhaltig ist und die Fans in den Mittelpunkt stellt", sprach Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Auch aus Künzers Sicht könnte ein Turnier in Deutschland "den nFrauenfußball in der ganzen Welt auf ein neues Niveau und eine neue Ebene der Begeisterung heben".
Der DFB werde deshalb "alles reinwerfen, dass wir am Ende des Tages doch die Nase vorne haben", sagte Neuendorf. Ob das ausreicht, ist ungewiss.