So blieb dem neuen Weltmeister nach dem "Grand Slam des Schwimmsports in nur einem Jahr", so Hansmann, ein ruhiger Abschluss eines historischen Tages. "Den Abend entspannt ausklingen lassen", schrieb Märtens bei Instagram und stellte ein Foto mit der Goldmedaille, dem WM-Maskottchen und einem Buch über das "sagenhafte Magdeburg" hinzu. "Die Nacht war nicht so lang", gab er am nächsten Morgen zu.
Der 23-Jährige konnte nach dem dramatischen Sieg mit nur zwei Hundertstelsekunden Vorsprung und totaler körperlicher Erschöpfung, der Siegerehrung mit anschließendem Interview-Marathon, Dopingkontrolle, Ausschwimmen und der Rückfahrt im überfüllten Bus endlich genießen, was er vollendet hatte. Auf den Tag genau ein Jahr nach seinem Olympiasieg hatte sich der Magdeburger, der im Frühjahr bereits den Fabelweltrekord seines Vorbilds Paul Biedermann geknackt hatte, auch den WM-Titel geholt und ist jetzt die unangefochtene Nummer eins über 400 m Freistil. Europameister war er schon 2022.
Bereits in jungen Jahren hat er alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt - als erster deutscher Schwimmer seit Michael Groß vor 39 Jahren ist er Weltmeister und Weltrekordler nach einem Olympiasieg. Die Auszeichnung als Sportler des Jahres, die er im Dezember noch knapp verpasste, dürfte folgen. Dann bleibt eigentlich nichts mehr, was er noch anstreben könnte.
"Ganz im Gegenteil. Ich bin erst 23, ich habe noch einige Jahre vor mir", sagte Märtens am nächsten Morgen, "L.A. ist natürlich das große Ziel." Die Olympischen Spielen 2028 sind noch in ferner Zukunft, in Singapur geht es nach einem Tag Pause am Mittwoch mit dem Vorlauf über 800 m weiter, auf denen er als Weltranglistenzweiter durchaus Medaillenchancen sieht. "Ich kann jetzt noch befreiter ran gehen", sagte Märtens. Auch über 200 m Rücken sowie in der Lagen- und der 4x200-m-Staffel startet er - allerdings ohne realistische Perspektive auf Edelmetall.
Märtens ist der unangefochtene deutsche Schwimmstar
Entscheidend wird sein, welche neuen Ziele er sich jetzt steckt. "Ich bin noch nicht am Ende der Fahnenstange", hatte Märtens vor der WM dem SID gesagt. Doch wie motiviert man sich für den noch sehr langen Weg nach Los Angeles?
Es komme nicht nur auf die Erfolge an, sondern auf "das Erlebnis und die Erfahrung", sagte sein Vorgänger Groß im Rückblick auf seine eigene Karriere der ARD. Mit 22 Jahren war der "Albatros" in der gleichen Situation wie jetzt Märtens - nach Olympiasieg und Weltrekord über 200 m Freistil auch Weltmeister und damit der unangefochtene deutsche Schwimmstar.
"Alles Mögliche hatte ich schon erreicht", er hätte eigentlich "aufhören müssen", wenn es nur um sportliche Erfolge gegangen wäre. Groß fand neue Motivation darin, mit "der ersten gesamtdeutschen Mannschaft" bei der WM 1991 noch einmal anzutreten. Mit der Staffel gewann er seinen fünften Weltmeistertitel und trat danach mit nur 26 Jahren ab, um sich auf seine zweite Karriere als Unternehmensberater und inzwischen Honorarprofessor an der Goethe-Universität in Frankfurt zu konzentrieren.
Und was macht Märtens? "Sich auf dieser Bühne zu messen, macht sehr viel Spaß", betonte er, "ich genieße jeden Wettkampf."