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"Die Tabelle lügt nicht": DHB-Frauen vor Heim-WM nur Mittelmaß

DHB-Kapitänin Bölk.
DHB-Kapitänin Bölk.ČTK / imago sportfotodienst / ALEX HALADA
Ein Jahr vor der Heim-WM stagniert die Entwicklung der Frauen-Nationalmannschaft. Mittelfristig gibt es im Verband Konzepte, kurzfristig muss Bundestrainer Markus Gaugisch liefern.

In aller Herrgottsfrühe verließen Deutschlands Handballerinnen "erhobenen Hauptes" die EM-Bühne. "Wenn man rein auf das Ergebnis schaut, dann war es jetzt kein Riesenschritt nach vorne, aber auch nicht nach hinten", sagte Kapitänin Emily Bölk, ehe es am Donnerstagmorgen mit der deutschen Delegation zum Wiener Flughafen ging.

Im Gepäck hatten die DHB-Frauen wie schon bei den Europameisterschaften 2020 und 2022 Platz sieben - vor allem aber die Gewissheit, dass die Weltspitze ein Jahr vor der mit großen Erwartungen verbundenen Heim-WM ein gutes Stück entfernt ist. Die Medaillenspiele von Österreich finden beim 17. (!) Turnier in Serie ohne deutsche Beteiligung statt, die drei Spiele gegen Top-Teams wurden recht deutlich verloren.

Licht und Schatten

DHB-Sportchef Ingo Meckes gab der Mannschaft von Bundestrainer Markus Gaugisch für deren wechselhafte Auftritte als Schulnote "eine klare 3,5. Einen Preis haben wir nicht bekommen, die Versetzung war aber auch nicht gefährdet." Nicht bloß an seinem Gesicht war abzulesen, dass er sich mehr als die vier klaren Siege gegen Mannschaften der zweiten Kategorie erhofft hatte.

"Wir wollten nach unten den Abstand halten. Das haben wir deutlich geschafft. Wir wollten oben angreifen. Das haben wir leider nicht geschafft", führte Meckes aus und konstatierte: "Wir sind da, wo wir hingehören. Die Tabelle lügt nicht."

Deutschland hat eine Spitenplatzierung letztlich deutlich verpasst
Deutschland hat eine Spitenplatzierung letztlich deutlich verpasstFlashscore

Im Selbstverständnis des weltweit mitgliederstärksten Handballverbandes ist das natürlich zu wenig. Deswegen plant der Verband unter dem neu installierten Meckes eine Neuausrichtung der Nachwuchsarbeit. "Thema Nummer eins ist es, die Zentralisierung voranzutreiben", betonte DHB-Präsident Andreas Michelmann und sprach in seiner EM-Bilanz von "20 Jahren an Nicht-Entwicklung im Deutschen Handballbund".

In drei bis vier über ganz Deutschland verteilten DHB-Stützpunkten sollen künftig Talente gezielt auf Leistung getrimmt werden. "Die Skandinavier machen uns das schon lange vor, die Franzosen auch, inzwischen auch die Ungarn und auch die Schweiz", sagte Michelmann und versah seine Ausführungen mit einem klaren Arbeitsauftrag an Meckes: "Wir müssen endlich die Strukturen schaffen, um als Deutschland strukturell wieder mit der Weltspitze mithalten zu können."

Gaugisch kein "Zauberer"

Parallel zu diesen Bestrebungen steht Bundestrainer Gaugisch mit seinem Team in der Pflicht. Er muss an den richtigen Stellschrauben drehen, um kurzfristig Erfolge wieder wahrscheinlicher zu machen. Man wolle schließlich, so Michelmann, bei der bevorstehenden WM im eigenen Land, dem großen Prestigeprojekt des Verbandes, "die Chance ergreifen, bis ins Halbfinale zu kommen. Das sollte bei der Heim-WM das Ziel sein."

Man habe das Repertoire in 2024 erweitert, sagte Gaugisch. Nun gehe es darum, gegen Spitzenteams wie Dänemark und Norwegen mehr Konstanz zu zeigen. Eine Aufgabe also, an der sich im letzten Jahrzehnt ausgewiesene Trainerexperten wie Heine Jensen, Jakob Vestergaard, Michael Biegler und Henk Groener schon vor Gaugisch vergebens versuchten.

"Wir sind keine Zauberer und können im Handumdrehen was verändern", sagte Gaugisch, versprach aber, weiter "hart" zu arbeiten und "demütig" zu bleiben, "um die handballerischen Basics auf ein maximales Niveau zu bringen".