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"Schadet nur uns": Hoffnung auf Ruhe nach Handball-Zoff

THC-Coach Herbert Müller
THC-Coach Herbert MüllerČTK / imago sportfotodienst / Alexander Keppler
Die finanzielle Schieflage von HB Ludwigsburg erschüttert den Frauenhandball – sportlich, wirtschaftlich und emotional.

Müller ein "notorische Krawallmacher"?

Von einer weiteren Attacke in der verbalen Schlammschlacht sah Herbert Müller ab – aus gutem Grund. Derartige Diskussionen, erkannte auch der Trainer des Thüringer HC nach seinem heftigen Schlagabtausch mit den Verantwortlichen des deutschen Frauen-Handballmeisters HB Ludwigsburg im SID-Gespräch, "schaden nur uns. Es ist alles gesagt. Wir sollten das Kapitel beenden, nach vorne gucken, die Chancen sehen und aus dieser Geschichte lernen."

Auf die heftige Replik von Ludwigsburg-Boss Christian Köhle, die dieser am Mittwochabend verschickt hatte, wollte Müller tags darauf nicht weiter eingehen. Köhle hatte dem THC-Coach nach dessen scharfen Attacken im Zuge der wirtschaftlichen Turbulenzen beim deutschen Double-Gewinner "haltlose Unterstellungen" und eine destruktive Agenda vorgeworfen.

Der "notorische Krawallmacher Herbert Müller vom langjährigen Ligamitstreiter THC" nutze "die öffentliche Aufmerksamkeit erwartungsgemäß ungeschickt für die Verbreitung unbelegter Behauptungen, haltloser Unterstellungen und realitätsferner Forderungen", schrieb der Vorstandsboss in einem "Kommentar", der dem SID vorliegt.

Chance für die Konkurrenz

Müller, der den Zoff gestartet hatte, will nun kein weiteres Öl ins Feuer gießen. Es sei "sehr, sehr schade, dass das mit Ludwigsburg passiert ist. Es wäre schön gewesen, wenn wir so ein Aushängeschild weiter hätten", bekräftigte der 62-Jährige.

Die Situation schade "dem Renommee der Liga, dem Image. Und es geht einfach eine Klasse in dieser Liga verloren. Auf der anderen Seite ist es aber auch eine Chance, weil die Karten jetzt neu gemischt werden."

So verspricht sich der Trainer-Routinier künftig deutlich mehr Wettbewerb, man müsse als Liga versuchen, das Positive in der misslichen Lage zu sehen. "Alle Mannschaften wittern jetzt ihre Chance auf einen Titel. Es wird alles ausgeglichener sein, es wird alles spannender sein", sagte der langjährige Trainer.

Er hoffe "sehr, dass es dem Produkt nicht schadet, sondern dass die Würfel jetzt neu geworfen werden und dass wir trotzdem alles tun, damit wir über Seriosität, über guten Frauenhandball weiter nach vorne kommen."

"Meisterschaften erschlichen"

Müller hatte nach der Ankündigung Ludwigsburgs, die Verträge seiner Spielerinnen nicht mehr erfüllen zu können, den ersten Giftpfeil in Richtung des Rivalen, mit dem er schon in der Vergangenheit mehrmals aneinandergeraten war, geschossen.

Wirtschaftlich habe sich der Verein "die letzten zwei Meisterschaften erschlichen und geschwindelt. Das muss man klar sagen", hatte Müller in der Thüringer Allgemeinen gesagt.

Für Köhle, den Vorsitzenden des Ludwigsburger Vorstands, stecken vor allem Neid und Missgunst hinter der verbalen Attacke. Müller nutze "die Schwächephase seines größten Rivalen, um für die erlittenen sportlichen Niederlagen der vergangenen Jahre mit unfairen Mitteln nachzutreten", schrieb er.

"Sie lassen gar den Eindruck entstehen, als sei der 2017 vom Liga-Thron gestürzte THC weniger an einer konstruktiven Problemlösung interessiert, sondern vielmehr bemüht, den unbezwingbaren Dauerrivalen nun verbal aus dem Spielbetrieb zu drängen, anstatt dabei zu helfen, weiteren Schaden von der gesamten Liga abzuwenden."

Fakt ist: Die wirtschaftliche Schieflage Ludwigsburgs und die Folgen haben für ein heftiges Beben gesorgt. Im Jahr der Heim-WM, die Deutschland vom 26. November bis 14. Dezember gemeinsam mit den Niederlanden austrägt, kommt dieses zur Unzeit.

Müller ist dennoch überzeugt, dass das Turnier zu einem "Märchen" werden könnte, "das kann neue Energie freisetzen und hoffentlich in dem Fall auch Nachhaltigkeit schaffen". Dafür braucht der Frauenhandball kurzfristig wohl vor allem eines: Ruhe.