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Mit Bruder-Power und "AQ": Portugal arbeitet sich auf die Handball-Weltkarte

Das Bruderpaar Francisco (r.) und Martim Costa bilden den starken portugiesischen Rückraum.
Das Bruderpaar Francisco (r.) und Martim Costa bilden den starken portugiesischen Rückraum.ČTK / imago sportfotodienst / Ingrid Anderson-Jensen
Zum ersten Mal in der Verbandsgeschichte haben sich die Portugiesen durch das 46:28 gegen Chile für ein Viertelfinale bei einer Weltmeisterschaft qualifiziert. Das Spiel gegen Deutschland am Mittwoch ist ein besonderer Tag für das Land, das mit einer Bevölkerung von zehn Millionen Einwohnern sonst nur im Fußball eine echte Macht in den Mannschaftssportarten ist. 

1997 war man in der Ukraine überhaupt zum ersten Mal bei einer WM dabei, von 2003 bis 2021 fehlte man komplett auf der größten Bühne. Erst nach 2020 meldeten sich die Iberer langsam auf der Handball-Weltkarte an und sind seitdem regelmäßig bei großen Turnieren dabei: Zunächst ließ man mit einem sechsten Platz in Norwegen, Österreich und Schweden aufhorchen, auch ein zehnter Platz beim Weltturnier in Ägypten 2021 war ein starkes Ergebnis. 

Das bisherige Highlight stellte die erstmalige Teilnahme bei den Olympischen Spielen in Paris im letzten Sommer dar. Die Art der Qualifikation dafür könnte bei der deutschen Mannschaft ein paar Erinnerungen hervorrufen. Trotz eines scheinbar uneinholbaren Rückstands kurz vor Schluss drehte das Team eine Partie gegen Frankreich durch einen Treffer zwei Sekunden vor dem Ende und durfte nach Paris (29:28) - ähnliches gelang den Deutschen später im Olympia-Halbfinale (35:34).

Starke Torhüter nach Schicksalsschlag

Der größte Erfolg für Portugal ist jedoch bei weitem die aktuelle Weltmeisterschaft 2025 in Kroatien, Dänemark und Schweden. Neben Siegen gegen die USA (30:21), Brasilien (30:26), Norwegen (31:28), Spanien (35:29) und Chile gelang gegen Schweden ein Unentschieden (37:37). 

Verlassen kann sich der Weltranglisten-Achte dabei auf das starke Torhüter-Gespann aus Diogo Marques und Gustavo Capdeville, die im Turnierschnitt bisher jeden dritten Wurf parieren können. Dass diese beiden so herausragen, hat laut dem Selbstverständnis des Teams auch mit einem zu tun, der gar nicht mehr auf der Platte steht.

Ex-Nationaltorhüter Alfredo Quintana starb im Februar 2021 im Alter von nur 32 Jahren an einem Herzinfarkt im Training des FC Porto, seitdem spielt die „Selecao“ auch für ihren „AQ“. „Inzwischen haben sie auch wieder eine Torhüterleistung, die ihnen nach dem Todesfall lange gefehlt hat“, lobt auch Bundestrainer Alfred Gislason die Leistung der beiden Schlussmänner.

Trainer Paulo Pereira, der seit 2016 im Amt ist und die Mannschaft aus den Niederungen des Handballs in die erweiterte Weltspitze geführt hat, profitiert von einer guten Altersstruktur und hat sich auch von der Doping-Sperre des eigentlichen Stammspielers Miguel Martins kurz vor Turnierstart nicht aus der Balance bringen lasen. 

Arrivierte Spieler wie Luís Frade und Pedro Portela harmonieren gut mit aufstrebenden Talenten wie Salvador Salvador und den Brüdern Martim und Francisco Costa. Während Martim zum besten Nachwuchsspieler Europas 2024 gewählt wurde, beeindruckt vor allem Bruder Francisco bei der WM. Der beste Torschütze beim bisherigen Turnier ist mit seinen 19 Jahren auf dem Zettel von Zahlreichen Topklubs, auf den Rückraum muss am Mittwoch auch die DHB-Sieben am Mittwoch (ab 20:30 Uhr live in der Flashscore-Audioreportage) besonders aufpassen.

Flashscore-Opinion: Knapper Sieg für DHB-Team

Auch wenn die bisherigen Siege der deutschen Mannschaft in Herning nicht restlos überzeugen konnten, ist das Team von Alfred Gislason doch im Flow. Konträr zu den eher pessimistischen Stimmen nach dem Testspiel gegen Brasilien vor Turnierbeginn (übrigens eine Mannschaft, die Deutschland ins Viertelfinale gefolgt ist) präsentiert sich das Team als Einheit und hat das Handball-Fieber in Deutschland wieder geweckt.

Gegen Portugal wartet nach der Übermannschaft Dänemark allerdings nun der zweithärteste Brocken bis hierhin auf die DHB-Sieben. Da der wiedergenesene Juri Knorr zumindest für die entscheidende Spielphase in die Nähe seiner Bestform kommt und defensiv vor allem die Costa-Brüder unter Kontrolle gebracht werden, gewinnt Deutschland die Partie mit zwei Toren Vorsprung.

Zum Match-Center: Portugal vs. Deutschland

Anton Latuska
Anton LatuskaFlashscore