Pavel Kaderabek: „Deutschland hat nicht mehr die Qualität für den WM-Titel“

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Pavel Kaderabek: „Deutschland hat nicht mehr die Qualität für den WM-Titel“

Pavel Kaderabek: „Deutschland hat nicht mehr die Qualität für den WM-Titel“
Pavel Kaderabek: „Deutschland hat nicht mehr die Qualität für den WM-Titel“Profimedia
Bundesliga-Profi Pavel Kadeřábek freut sich über den Doppelpack seines TSG-Kollegen Andrej Kramaric bei der Weltmeisterschaft in Katar am Wochenende. Der tschechische Nationalspieler beobachtet auch die Leistungen der Deutschen mit Interesse, zählt sie aber nicht zu den Hauptanwärtern auf den Titel. Außerdem spricht der Hoffenheimer über den Verlust des Stammplatzes im Klub und seine Ziele für die zweite Saisonhälfte.

Andrej Kramaric war am Sonntag der entscheidende Mann beim 4:1-Sieg der Kroaten gegen Kanada, in Hoffenheim spielt er mit drei Toren in 14 Spielen bisher eine vergleichsweise schwache Saison. "Ich habe ihm geschrieben und ihm zu seinen Toren gratuliert. Wenn ich jemanden nennen müsste, dem ich in Hoffenheim nahestehe, dann wäre er unter den ersten drei. Wir haben jeden Tag Spaß, wir spielen zusammen Poker. Wir haben ein gutes Verhältnis, deshalb freue ich mich sehr für ihn", sagte Kadeřábek.

"Das ist ein großer Moment für ihn. Er hat in den letzten sechs Monaten nicht gut für uns gespielt, er hat keine Tore geschossen. Sobald ein Stürmer keine Tore schießt, steht er in der Kritik. Das kann ihm sehr helfen. Er ist ein typischer Balkantyp, er ist sehr selbstbewusst. Vor der Weltmeisterschaft habe ich ihn gefragt, mit welcher Stimmung er nach dieser durchwachsenen Hinrunde hinfahren wird. Er hat gesagt, dass er der beste Stürmer ist, dass er Tore schießen und gewinnen wird", so der 30-Jährige.

Deutschland kein Titelfavorit

Der langjährige Bundesliga-Spieler hat natürlich auch die Leistungen der DFB-Elf verfolgt, die unerwartete Niederlage gegen Japan zum Auftakt und das Unentschieden gegen Spanien am Sonntag. "Nach dem ersten Spiel gab es viel Kritik an den Deutschen, einige ehemalige Spieler gehen hart mit ihnen ins Gericht. Wir können uns wahrscheinlich nicht einmal vorstellen, unter welchem Druck sie spielen. Sie wurden dadurch gerettet, dass Japan gegen Costa Rica verlor, sonst wären sie fast chancenlos gewesen. Gegen Spanien haben haben sie gut ausgewechselt. Ein 0:1-Rückstand gegen die Spanier wäre für viele Mannschaften das Aus gewesen, aber sie können sich von so etwas erholen", sagte Kadeřábek.

"Ich glaube, dass sie im letzten Spiel die Nerven behalten und Costa Rica schlagen werden. Sie könnten einen in einen Lauf kommen und vielleicht sogar alles gewinnen, man weiß ja nie. Mein Weltmeistertipp ist aber Frankreich. Für mich hat die deutsche Nationalmannschaft nicht mehr die Qualität, die sie einmal hatte. Toni Kroos, der ein Schlüsselspieler war, ist zurückgetreten und er fehlt ihnen", fügte der ehemalige Spieler von Sparta Prag hinzu.

Entscheidender Mann beim Remis der DFB-Elf gegen Spanien war Neu-Nationalspieler Niclas Füllkrug. "Es ist ein großes Märchen für ihn. Vor einem Jahr spielte er noch mit Bremen in der zweiten Liga und jetzt wird er im wichtigsten Spiel der Deutschen zum Helden. Im Herbst hat er gegen uns ein Tor geschossen und eine Vorlage gegeben, ich kenne seine Qualitäten", so Kadeřábek.

Ziel für die Rückrunde? Rückkehr in die Startelf

In Hoffenheim hatte Kadeřábek auch Berührungspunkte mit Hansi Flick. "Er ist ein ruhiger und fairer Mensch. Ich habe ihn dreimal im Trainingszentrum getroffen. Damals war er de facte Sportdirektor in Hoffenheim. Er mochte diese Rolle nicht, sie hat ihm keinen Spaß gemacht. Dann ging er zu Bayern München. Er hat bei Bayern große Qualität gezeigt, aber wer zeigt sie dort nicht? Ich glaube, wenn Bayern bei der Weltmeisterschaft spielen dürfte, würden sie sie gewinnen. Es ist ein Unterschied, ob man Bayern oder die Nationalmannschaft trainiert. Wenn er damit umgehen kann, können wir sagen, dass er wirklich ein Top-Trainer ist", sagte Kadeřábek.

In Hoffenheim als Trainer des FC Bayern: Hansi Flick.
In Hoffenheim als Trainer des FC Bayern: Hansi Flick.Profimedia

Der tschechische Außenverteidiger stand am Ende des Herbstes nicht mehr in Hoffenheims Startformation. "Angelino kam aus Leipzig, ein Qualitätsspieler, Skov wechselte auf die andere Seite. Irgendwann habe ich mich zurückgekämpft, Angelino und ich haben abwechselnd gespielt. Am Ende habe ich meinen Platz aber verloren. Es war das erste Mal in den siebeneinhalb Jahren, in denen ich dort war, dass ich kein Stammspieler war. Aber ich werde nicht aufgeben. Ich möchte dem Trainer und allen anderen zeigen, dass ich es kann, und ich möchte wieder in der Aufstellung stehen. Das ist mein Ziel für das Frühjahr", so der 30-Jährige.

Hoffenheim steht nach der verkürzten Hinrunde auf Platz 11 der Bundesliga. "Wir müssen aufpassen. Wir haben gut angefangen und alle haben gesagt, Hoffenheim ist verdient oben dabei. Plötzlich haben wir die letzten sechs Spiele nicht gewonnen und sind da, wo wir nicht sein wollen. Der Kontakt nach oben ist abgerissen. Positiv ist aber, dass wir nur zwei Spieler bei der Weltmeisterschaft haben. Hoffentlich ruhen wir uns jetzt alle aus und gehen stark in die Rückrunde", so der Tscheche.

Trotz weniger Einsätzen erfolgreich: Kaderabek nach seinem Tor gegen Mainz.
Trotz weniger Einsätzen erfolgreich: Kaderabek nach seinem Tor gegen Mainz.Profimedia

Im März dieses Jahres beendete der 47-malige Nationalspieler zudem seine Karriere in der tschechischen Nationalelf. "Wenn ich jetzt die Weltmeisterschaft im Fernsehen sehe, jucken mir die Füße. Aber wir haben es ja nicht geschafft, uns zu qualifizieren. Auch in vier Jahren wird es sehr schwer, dabei zu sein. Die Frage ist, ob ich gesund sein werde, ob ich die Leistung bringen werde und ob wir uns als Tschechische Republik überhaupt qualifizieren werden. Für mich ist die Nationalmannschaft ein abgeschlossenes Kapitel. Ich habe diese Entscheidung aus gesundheitlichen und anderen Gründen getroffen", sagte Kadeřábek.

Abseits des Fußballplatzes gründeten Kadeřábek und seine Frau Tereza eine Stiftung. Das Projekt "Každá minuta rozhoduje" (dt.: „Jede Minute zählt“) hat fast 10.000 Euro eingebracht. 15 tschechische Profispieler haben pro gespielte Minute gespendet, auch Amateurfußballer können sich beteiligen. Das gesammelte Geld wird zwei kranken Kindern und ihren Familien helfen. "Das Ziel war nicht, eine große Anzahl von Menschen zu erreichen. Ich wollte unser Anliegen in erster Linie einigen ausgewählten Spielern vorstellen und bin begeistert, wie positiv sie darauf reagiert haben. Außerdem wollten wir sicherstellen, dass das gesammelte Geld zu 100 % bei den Familien ankommt", so Kadeřábek.

Kaderabek bei der Scheckübergabe für seine Stiftung.
Kaderabek bei der Scheckübergabe für seine Stiftung.Profimedia