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Österreich feiert Traum-Tournee: Drei Adler mit zwei Silben

In einer eigenen Loiga bei der Tournee: Kraft (m.), Hörl (l.) und Tschofenig
In einer eigenen Loiga bei der Tournee: Kraft (m.), Hörl (l.) und TschofenigDaniel Kopatsch / GETTY IMAGES EUROPE / Getty Images via AFP
Wer als Skispringer die Herzen der Österreicher erobert, erhält zweisilbige Liebe zurück. Das war früher so, beim "Goldi", beim "Schlieri", beim "Kofi", beim "Morgi". Und diese Liebe ist nach einer etwas kühleren Beziehungsphase wieder entflammt: Als Liebe für den "Krafti", den "Hörli" und den "Tschofi", die bei der 73. Vierschanzentournee vor einem Herzschlagfinale um den Gesamtsieg stehen. Austria ist wieder felix - und die Euphorie so groß wie seit vielen Jahren nicht mehr.

"Es ist so herrlich, ein Kindheitstraum", jubelte Kraft nach seinem Sieg am Samstag am Bergisel in Innsbruck, mit dem er die Tournee-Führung hauchdünn vor Hörl und Tschofenig übernahm - nicht einmal ein Meter trennt das Trio vor dem Finale am Bischofshofen am Montag (16.30 Uhr/ZDF und Eurosport).

Praktisch sicher ist jetzt schon: Erstmals seit Kraft vor zehn Jahren wird wieder ein Austria-Adler Tourneesieger - und diese Aussicht verleiht Flügel. "Wir haben a Riesen-Gaudi", sagte Kraft, bestätigte damit aber nur, was offensichtlich ist. Für Shootingstar Tschofenig ist das Team um Trainer Andreas Widhölzl schlicht "so cool wie noch nie".

Die Austria-Dominanz erinnert an 2012, als Gregor Schlierenzauer, Thomas Morgenstern und Andreas Kofler den letzten von bislang nur drei Tournee-"Sweeps" (nach Finnland 1955 und Österreich 1975) schafften. "Diese Mannschaft lässt mein Herz höherschlagen", sagte Austria-Ikone "Ernstl" Vettori der Kronen-Zeitung über drei Ausnahmespringer, die auf einem Level springen, aber doch so unterschiedlich sind...

Die drei Österreich-Adler im Kurzportrait

Stefan Kraft (31): Er ist längst einer der größten Wintersportler Österreichs. Weltmeister, Team-Olympiasieger, Tourneechampion, Gesamtweltcup, Flug-WM: (fast) alles dabei. "Im Wettkampf ist er ein irrsinniger Killer", sagt Widhölzl. Kraft besitzt den Vorteil der Gelassenheit: "Ich habe schon einen Goldadler daheim stehen", sagt er, der Druck sei kleiner.

Jan Hörl (26): Der Mann mit dem riesigen Arm-Tattoo ist ein wenig der Wolf im Adler-Pelz, tritt ruhig und bedacht auf, explodiert aber auf der Schanze. "Er ist ein kleines Känguru", sagte Widhölzl. Hörl startete spät durch - erst mit Mitte zwanzig ist er ein Siegspringer. Und hat im Finale den Heimvorteil, springt für den SC Bischofshofen. "Für mich ist er der Topfavorit", sagt der zweimalige Tournee-Champion Andi Goldberger.

Daniel Tschofenig (22): Der Kärtnern Shootingstar ist Widhölzls Musterschüler, ähnelt Weltcup-Rekordsieger Schlierenzauer. "Tschofi ist ein wahnsinniger Wettkämpfer", sagt Widhölzl, Goldberger staunt: "Ein Video von Tschofenig kannst du als Technik-Leitbild verwenden." Der viermalige Junioren-Weltmeister schoss in diesem Winter in die Weltspitze, gewann als erster nach 2000 geborener Springer einen Weltcup. Der smarte und modebewusste Tschofenig hat Popstar-Potenzial, ist mit Kanadas Weltmeisterin Alexandria Loutitt liiert.

Der Name hinter dem Aufstieg: Widhölzl

Architekt des Austria-Aufschwungs ist zweifelsohne Widhölzl: Der 2000er-Tourneesieger verwandelt das riesige Potenzial der Skisprung-Nation endlich wieder in Erfolg.

Die Mischung aus Verständnis und Nachdruck in der Ansprache des vielschichtigen "Swida" - ein Heavy-Metal-Fan und ausgebildeter Sozialpädagoge - fruchtet: "Meine Aufgabe ist es, sie zusammenzuhalten, feinfühlig zu sein, zuzuhören." Klappt vorzüglich.