Im entscheidenden Moment des Matches kam es zu einem bizarren Zwischenfall: Ein Fotograf betrat beim Matchball den Platz und verursachte eine fast siebenminütige Unterbrechung. Der Schiedsrichter gewährte Bonzi einen neuen ersten Aufschlag – eine Entscheidung, die Medvedev in Rage versetzte.
Zum Match-Center: Daniil Medvedev vs. Benjamin Bonzi
Er schrie den Offiziellen an, schlug mit seinem Schläger auf den Boden und animierte das ohnehin laute New Yorker Publikum zu noch mehr Lärm. Zwar führte der Ausbruch zu einer kurzfristigen Leistungssteigerung, die ihn zurück ins Match brachte, doch am Ende war es Bonzi, der sich durchsetzte.
Medvedevs Wutausbruch hatte Folgen: 42.500 Dollar Strafe verhängten die Turnierorganisatoren – 30.000 für unsportliches Verhalten und 12.500 für Schlägermissbrauch. Fast 40 Prozent seines Preisgeldes gingen damit verloren. Der beteiligte Fotograf verlor seine Akkreditierung für die US Open 2025.
Für Medvedev ist der Skandal kein Einzelfall. Bereits 2019 hatte er die US-Open-Fans provoziert, indem er Balljungen anfuhr, seinen Schläger in Richtung Schiedsrichter warf und dem Publikum den Mittelfinger zeigte. Auch in Wimbledon, Monte-Carlo oder bei den Australian Open sorgte er in den vergangenen Jahren für verbale und gestische Ausraster.
Medvedev im sportlichen Abwärtstrend
Rückendeckung kam von Landsmann Andrey Rublev und von Andy Roddick, selbst ehemaliger US-Open-Sieger: „Das ist einfach Meddy, wie er leibt und lebt.“ Doch die Liste der Vorfälle wird länger – und sie beginnt, seine sportlichen Erfolge zu überschatten.
Noch schwerer als die Disziplinarprobleme wiegt Medvedevs sportliche Stagnation. Der US-Open-Champion von 2021 ist im Live Ranking auf Platz 16 gefallen, so schlecht war er zuletzt vor sieben Jahren. 2025 reiht sich bislang nahtlos in eine Serie enttäuschender Saisons ein. Während er 2023 noch 62 Siege feierte, kam er im Vorjahr nur auf 46.
Seine Spielweise, die lange Zeit als unangenehm galt, verliert an Wirkung. Junge Stars wie Carlos Alcaraz oder Jannik Sinner kontern seine defensive Grundliniendominanz mit aggressivem Powertennis. Der unerfahrene US-Amerikaner Learner Tien kämpfte ihn bei den Australian Open 2025 regelrecht nieder. Eine Qualität, die lange Zeit dem Russen zugeschrieben wurde.
Mit 29 Jahren steht Medvedev an einem kritischen Punkt. Tennisgrößen wie Roddick, Cilic oder Davydenko verloren in ähnlichem Alter den Anschluss. Verletzungen waren für Medvedev bislang kein Problem, doch die Zeichen der Zeit sind unübersehbar. Sein Spielstil weit hinter der Grundlinie, auf Ausdauer und Konter setzend, wirkt im Zeitalter aggressiver Next-Gen-Spieler zunehmend antiquiert.
Kein Ende, aber ein Warnsignal
Der Abstieg von Medvedev ist kein Sturz ins Bodenlose, sondern vielmehr ein langsames Abrutschen. Noch immer gehört er zur erweiterten Weltspitze, noch immer besitzt er die Klasse für große Siege. Doch ohne Anpassungen droht er, von der nächsten Generation überrollt zu werden.
Seine Wutanfälle mögen Schlagzeilen liefern – zurück in die Weltspitze bringen sie ihn nicht. Wenn Daniil Medvedev seine Karriere nicht als weiteres Beispiel für einen frühen Niedergang enden lassen will, muss er sein Spiel modernisieren und seine Emotionen endlich in den Griff bekommen.