Bundesliga Recap: VAR-Wahnsinn in Bochum – Bayern wieder Tabellenführer

Anzeige
Anzeige
Anzeige
Mehr
Anzeige
Anzeige

Bundesliga Recap: VAR-Wahnsinn in Bochum – Bayern wieder Tabellenführer

Serge Gnabry erzielte gegen Hertha BSC das 1:0 für den FC Bayern
Serge Gnabry erzielte gegen Hertha BSC das 1:0 für den FC BayernAFP
Der große Aufreger des 30. Spieltags in der deutschen Fußball-Bundesliga ist schnell ausfindig gemacht. Schiedsrichter Stegemann und VAR Hartmann hatten Titelkandidat Dortmund einen klaren Strafstoß vorenthalten. Der Hauptgrund, wieso es im Revierderby in Bochum nur zu einem 1:1 langte – und wieso dem FC Bayern München ein unspektakulärer Heimsieg über Hertha BSC reichte, um die Tabellenführung zurückzuerobern. Nachhaltigen Eindruck machte Schalke 04 mit einem Comeback-Erfolg über Werder Bremen.

Bochum vs. Dortmund 1:1

Wir müssen über das Schiedsrichterwesen in Deutschland reden. Und darüber, wie eine krasse Fehlentscheidung dem Titelkampf in der Bundesliga womöglich die entscheidende Wendung gegeben hat. 

Im Sport1-Doppelpass erzählte Sascha Stegemann, er habe “sehr konkrete” Drohungen erhalten, gegen die er juristisch vorgehen werde. Das kann nicht die Lösung sein. Auch nicht, diesen Fehlpfiff unter den Teppich zu kehren.

Was war passiert? Insgesamt wählte Stegemann eine sehr gnädige Linie, was dem Revierderby einen intensiven Charakter gab. An sich eine schöne Sache. 

Dann die folgenschwere 65. Minute: Danilo Soares fährt Karim Adeyemi in die Beine, ohne Chance auf Ballgewinn. Eigentlich ein klarer Strafstoß. Doch Sascha Stegemann ließ weiterlaufen. Sollte nicht, aber kann passieren. Dass der VAR Robert Hartmann – in Deutschland sehr unüblich – auf eine Intervention verzichtete: ist indes unerklärlich. Sebastian Kehl sprach nach Spielende zu Recht davon, dass der Schiedsrichter das Spiel entschieden habe.

Riesige Verärgerung bei Borussia Dortmund
Riesige Verärgerung bei Borussia DortmundProfimedia

Davon abgesehen machten beide Mannschaften ein gutes Spiel, leisteten sich in der Defensive aber entscheidende Fehler. Anthony Losilla erzielte in der 5. Minute mit einem schönen Schuss aus dem Rückraum das 1:0 für den VfL. Ein Gegentor, bei dem Dortmund defensiv so gut wie alles falsch machte, was man falsch machen konnte.

Kritik auf hohem Niveau, doch: Guerreiro ging zu spät ins Laufduell mit Asano. Drei Dortmunder orientieren sich am ballführenden Japaner. Die Zuordnung passte nicht, der Rückraum war völlig verwaist. Mats Hummels klärte eine Hereingabe nicht ins Aus oder Richtung Seitenlinie, sondern zentral nach vorn.

Bei allem berechtigten Ärger über den Fehlpfiff in der 65. Minute, bei allen Hinweisen auf die starke schwarz-gelbe Offensive: Dortmund hatte im Abwehrdrittel vorrangig mit sich selbst zu kämpfen. Dass man nach dem 30. Spieltag nicht mehr Tabellenführer ist – liegt vorwiegend, aber nicht ausschließlich an der schwachen Schiedsrichterleistung.

Bayern vs. Hertha 2:0

Pal Dardai gelang es, seine Mannschaft so weit aufzurichten und defensiv zu stabilisieren – dass man nicht unterging, sich nicht wehrlos auffressen ließ. Immerhin. An den letzten vier Spieltagen darf man aber keine Punkte mehr liegen lassen. 6 Zähler fehlen der Alten Dame auf das rettende Ufer.

Die Bayern müssen sich nicht schämen, feierten einen bedeutungsvollen Heimerfolg. Die Tabellenführung kehrte an die Säbener Straße zurück. Immerhin. Doch ob Thomas Tuchel mit diesem Erfolg glücklich sein wird? Nur bedingt.

Bis Serge Gnabry und Kingsley Coman – jeweils nach Vorlage von Joshua Kimmich – in der zweiten Hälfte die erlösenden Treffer erzielten, hatten die Bayern trotz beeindruckender Statistiken die Hertha nie ganz im Griff. Ballbesitz von 75 %, 25:2 Torchancen: Dennoch waren die alten Probleme sichtbar. 

Die Alte Dame ist gestürzt
Die Alte Dame ist gestürztAFP

Gegen den Tabellenletzten erledigte man die Pflicht, ohne großartig zu glänzen. Zu selten fand man einen Weg hinter die Berliner Abwehrkette. Oliver Christensen zeichnete sich mit teils außergewöhnlichen Paraden aus. Im Abschluss mangelt es dem FCB weiterhin an der nötigen Reife. Reicht das am Saisonende zum Meistertitel, werden diese Thematiken vorerst vergessen sein.

Schalke vs. Bremen 2:1

Diesen Tag – oder eleganter formuliert: Diese Nachspielzeit wird Dominick Drexler nie vergessen. Zuerst blockte er einen aussichtsreichen Versuch von Marvin Ducksch. Eine Minute später tauchte er entscheidend vor Jiri Pavlenka auf. Traumpass von Rodrigo Zalazar, Drexler gerät beinahe ins Stolpern – gerade noch bugsierte er die Kugel ins Netz.

Danach war Auf Schalke die Hölle los. Drexlers Siegestor in der letzten Minute verlängerte den königsblauen Traum, trotz schweren Restprogramms und Platz 17 die Klasse halten zu können. Unzählige Male sind die Knappen am Boden gelegen, haben Zähne verloren und Narben bekommen – unzählige Male man wieder auf.

Wer Lust auf pure Emotionen hat: in Gelsenkirchen wird einem geholfen.

Das ist Fußball: Dominick Drexler wird geherzt
Das ist Fußball: Dominick Drexler wird geherztProfimedia

Schalke 04 hat in der Rückrunde schon doppelt so viele Punkte (18) geholt wie in der gesamten Hinrunde (9). Werder Bremen muss sich hingegen über verschenkte Punkte ärgern. Ein weiteres Mal patzte man in der Defensive, leistete sich viele unachtsame Momente. Das ist aber nicht schlimm, mit 35 Zählern befindet sich Bremen auf dem komfortablen 12. Tabellenplatz.

Stuttgart vs. Mönchengladbach 2:1

Es war nicht alles schlecht bei Mönchengladbach, keineswegs. Daniel Farke hatte sich einige Kniffe einfallen lassen. Beispielsweise baute er Florian Neuhaus vermehrt in den Spielaufbau ein und fokussierte sich endlich darauf, die Stärken seiner Mannschaft herauszuarbeiten. 

Und trotzdem bleibt von dieser Partie die Erkenntnis, dass sich die Borussia zurecht im Niemandsland der Liga aufhält. Der abstiegsbedrohte VfB Stuttgart blieb auch im fünften Pflichtspiel unter Sebastian Hoeneß unbesiegt und belohnte sich für eine dominante Leistung. 

Gladbach leistete sich einige taktische Fehler. Borna Sosa wurde beim Flanken viel Zeit gelassen, Wataru Endo konnte das Spiel in aller Ruhe organisieren, Serhou Guirassy bekam man nie unter Kontrolle. Stuttgart bedankte sich und feierte einen verdienten Heimsieg.

Auch in Stuttgart funktioniert das Jubeln noch
Auch in Stuttgart funktioniert das Jubeln nochProfimedia

Nach der 1:0-Führung durch einen Hackentreffer von Guirassy, agierte man nicht naiv, sondern zog sich tiefer in die eigene Hälfte zurück – anstatt sofort den zweiten Treffer provozieren zu wollen.

Als Dan-Axel Zagadou zum bereits dritten Mal in dieser Saison einen Strafstoß verschuldete, Julian Weigl diesen souverän verwertete (78.) – folgte die prompte Antwort. Tanguy Coulibaly brachte Stuttgart nur fünf Minuten später wieder in Führung – ebenfalls per Elfmeter. Ko Itakura hatte diesen verschuldet und wurde von Tobias Welz nach VAR-Check außerdem mit Rot vom Platz geschickt.

Frankfurt vs. Augsburg 1:1

Eintracht Frankfurt kann nicht mehr gewinnen. Nach dem neunten sieglosen Bundesliga-Spiel in Folge ist Feuer am Dach. Die Qualifikation fürs europäische Geschäft scheint nur noch über den DFB-Pokal möglich zu sein.

Oliver Glasner möchte sich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Eine Entlassung steht im Raum, dem ist sich der Österreicher vollkommen bewusst – und kommentiert es mit süffisantem Unterton: “Wenn jemand der Meinung ist, dass es jemand besser kann als Oliver Glasner – dann packe ich die Sachen und der Nächste versucht es.”

Wieder brachte Frankfurt nicht die aus der Hinrunde gewohnte Dynamik auf den Platz. Der an den Adduktoren verletzte Kolo Muani wurde schmerzlich vermisst. In der Rückrundentabelle steht die SGE nur noch auf Platz 15.

Ermedin Demirovic erzielte in der 58. Minute den verdienten Ausgleich für die Fuggerstädter. Seit seiner Rückkehr zum FCA blüht der Bosnier regelrecht auf – sein achtes Saisontor. Somit traf er bereits öfter als in seinen beiden Freiburger Jahren zusammen (sieben Tore).

Union vs. Leverkusen 0:0

Urs Fischer sah ein “interessantes 0:0-Spiel”. Was für Fußballfans, die sich nach einem Torjubel sehnen, nach blankem Hohn klingt – entspricht aus Trainersicht der Wahrheit.

Die Hausherren kontrollierten das Spiel, kamen gefährlicher vors gegnerische Gehäuse, unterbanden gekonnt die Leverkusener Konterstärke. Bot das Hinspiel noch großes Spektakel (Bayer gewann 5:0), neutralisierten sich die zwei stärksten Abwehrreihen 2023 wechselseitig. Aktionen im Strafraum – da wie dort Mangelware. Für Defensivpapst Fischer bestimmt sehenswert.

Symbolhaft für die Partie in Berlin-Köpenick: Ringkampf zwischen Jordan Siebatcheu (li.) und Piero Hincapie (re.)
Symbolhaft für die Partie in Berlin-Köpenick: Ringkampf zwischen Jordan Siebatcheu (li.) und Piero Hincapie (re.)AFP

Union kassierte in 15 Bundesliga-Partien in diesem Kalenderjahr erst 11 Gegentore, Leverkusen nur 15. Die Berliner sind saisonübergreifend seit 21 Bundesliga-Heimspielen ohne Niederlage – Leverkusen verlor keines der letzten 14 Pflichtspiele. 

Die Mannschaft von Xabi Alonso hat sich durch die gerechte Nullnummer wohl aus dem Rennen um einen CL-Platz verabschiedet. Als Hoffnungsschimmer dient die Europa League: gewinnt man diese darf Leverkusen kommendes Jahr doch noch an der europäischen Königsklasse teilnehmen.

Köln vs. Freiburg 0:1

Seit mittlerweile fünf Heimspielen ist der 1. FC Köln sieglos. Eine Bilanz, die der auch am Samstag herausragenden Stimmung im RheinEnergie Stadion nicht gerecht wird.

Der SC Freiburg bestätigte seine starke Form und blieb zum zweiten Mal hintereinander ohne Gegentor. Was zu einem Großteil auch Mark Flekken zu verdanken ist. Viermal gelangen ihm großartige Paraden, bereits zum zwölften Mal in dieser Saison behielt der 29-Jährige eine Weiße Weste.

Marvin Schwäbe machte ein noch besseres Spiel (fünf Paraden), brachte die Breisgauer mit katzenhaften Sprüngen und hoher Qualität mit Ball am Fuß regelrecht zur Verzweiflung.

Erst eine kluge Eckballvariante sorgte für die Entscheidung. Verlängerung von Höler auf Ritsu Doan, aus kurzer Distanz hatte Schwäbe keine Abwehrchance (54.). Das bereits 19. Freiburger Standardtor, das sechste nach einer Ecke. Ligaintern steht man in dieser Wertung einsam an der Spitze.

Der Sport-Club kommt nun auf 56 Punkte – so viele wie nie zuvor in der Bundesliga. Bei vier ausstehenden Begegnungen stehen die Chancen gut, sich erstmals in der Vereinshistorie für die UEFA Champions League zu qualifizieren.

Leipzig vs. Hoffenheim 1:0

Pellegrino Matarazzo hat seinen Angstgegner endgültig gefunden. Von sechs Bundesliga-Duellen mit RB Leipzig konnte er kein einziges gewinnen. Im sechsten Aufeinandertreffen setzte es bereits die fünfte Niederlage.

Aus Sicht von Marco Rose lief alles richtig. Der Anschluss an Union Berlin und den SC Freiburg (jeweils 2 Punkte Rückstand) wurde nicht verloren. Besonders große Freude dürfte Rose das Startelf-Comeback von Christopher Nkunku bereitet haben. 

Nach einem Fehlpass von John Anthony Brooks und einer Balleroberung durch Konrad Laimer spielte Nkunku einen großartigen Doppelpass mit Timo Werner. Souveräner Abschluss vom Franzosen (28.). Das frühe Siegestor war für die TSG nach dem Kardinalfehler durch Brooks nicht mehr zu verteidigen.

Christopher Nkunku ist wieder da
Christopher Nkunku ist wieder daProfimedia

In der Folge kontrollierte Rasenballsport das Geschehen, 14:3 Torschüsse sprechen eine klare Sprache. Rückkehrer Nkunku belebte die Leipziger Offensive merklich. Hinten ließ man nichts anbrennen. Alles richtig gemacht.

Wolfsburg vs. Mainz 3:0

Der Mainzer Erfolgslauf ist vorbei. Nach zehn ungeschlagenen Ligaspielen in Folge musste Bo Svensson sich wieder zu einer Brandrede hinreißen lassen: "Der Gegner war heute einfach besser. (...) Wenn wir so verteidigen, wie wir es heute taten, hätte man gegen jeden Gegner in der Bundesliga verloren."

Wolfsburg präsentierte sich im ersten Durchgang ähnlich konsequent wie beim 5:1-Erfolg in Bochum vergangenen Samstag. Die Lücken in der FSV-Defensive wurden ausfindig gemacht und ohne Zögern ausgenutzt.

Jonas Wind eröffnete das Spiel mit einem frechen Lupfer (5.), Sebastian Bornauw legte acht Minuten später mit einem Kopfball nach (13.). Abermals Wind mit einem schönen Treffer sorgte schon in Minute 28 für die Vorentscheidung.

Die Wölfe überholten M05 somit in der Tabelle, stehen mit einem Punkt Vorsprung auf dem siebten Tabellenplatz. Sollte Freiburg oder Leipzig den DFB-Pokal gewinnen – könnte das zumindest für einen Qualifikationsplatz in der UEFA Conference League genügen.

Spieler der Woche: Joshua Kimmich (Bayern)

Endlich wieder gelang es dem FC Bayern kein Gegentor zu kassieren. Daran hatte Kimmich als souveräner Ballverteiler ebenso großen Anteil, wie daran, dass vorne zwei Dinger den Weg ins Netz fanden. Seine berüchtigten Chip-Bälle erwischten die Hertha auf dem falschen Fuß. Sowohl das 1:0 als auch das 2:0 wären ohne Kimmichs Spielwitz nicht gefallen.

Der Kimmich, den man sich in München immer wünscht
Der Kimmich, den man sich in München immer wünschtAFP

Tor der Woche: Anthony Losilla (Bochum)

Niemand hatte Losilla in der fünften Minute des Revierderbys auf dem Schirm. Vielleicht weil niemand erwartete, dass Bochums Kapitän diesen Schuss so perfekt erwischen würde. Vorbei an Freund und Feind, direkt in den Knick. Beim 1:1 zwischen dem VfL Bochum und Borussia Dortmund schockte Losilla den BVB früh – und erzielte das schönste Tor des 30. Spieltags.

Trainer der Woche: Christian Streich (Freiburg)

Aus einem Mitläufer machte Christian Streich ein nationales Spitzenteam. Das Erfolgsrezept fürs Breisgauer Wunder: Geduld, Bodenständigkeit, das Besinnen auf die eigenen Stärken. Dazu gehören eine hohe Körperlichkeit und die Fähigkeit, in den entscheidenden Momenten Nadelstiche zu setzen. Der knappe Auswärtserfolg in Köln war keine Machtdemonstration, sondern Sinnbild des Freiburger Aufschwungs – wofür Trainer Streich große Anerkennung gebührt.