Kommentar: Mohamed Salah und der FC Liverpool – ein Zerwürfnis mit Ansage

Mohamed Salah steht vor dem Bruch mit dem FC Liverpool.
Mohamed Salah steht vor dem Bruch mit dem FC Liverpool.Reuters / Phil Noble

Die Erschütterungen rund um Mohamed Salahs öffentlichen Rundumschlag halten den FC Liverpool weiter in Atem. Was nach dem 3:3-Remis gegen Aufsteiger Leeds United begann, hat sich inzwischen zu einer veritablen Krise zwischen Klub und Spieler ausgewachsen. Und eines steht fest: Dieses Beben kam nicht aus dem Nichts.

Jamie Carragher, selbst Liverpool-Ikone, fand klare Worte: Salahs Verhalten sei „eine Schande“. Der frühere Verteidiger betont, es handle sich keineswegs um einen impulsiven, emotionalen Ausbruch, sondern vielmehr um einen kalkulierten Moment, der „maximalen Schaden anrichten“ sollte.

Carraghers Analyse wirkt scharf, aber angesichts der Umstände kaum überzogen. Salah hat in acht Jahren beim Verein nur selten mit Medien gesprochen – und wenn, dann offensichtlich stets strategisch. Dass er diesmal ausgerechnet nach einem Spiel, in dem er über 90 Minuten auf der Bank saß, die direkte Attacke wählte, wirkt alles andere als zufällig.

Salah selbst fühlte sich „unter den Bus geworfen“ und deutete einen Abschied im Winter an. Gleichzeitig soll sein Verhältnis zu Trainer Arne Slot massiv gelitten haben – so sehr, dass der Coach ihn prompt aus dem Kader für das Champions-League-Spiel gegen Inter Mailand strich.

Dabei ist Salah in Liverpool nicht irgendwer. Er ist einer der prägendsten Spieler der jüngeren Vereinsgeschichte: Champions-League-Sieger, zweimaliger Meister, 250 Tore in 420 Pflichtspielen: ein Angreifer, der den Klub zusammen mit Jürgen Klopp nach Jahren der Tristesse wiederbelebt hat. Die Fans verbanden mit ihm Momente puren Glücks, Gänsehaut, Fußballromantik. Und genau deshalb wiegt sein aktuelles Verhalten so schwer.

Salahs Denkmal in Liverpool beschädigt?

Denn kaum jemand wird wirklich glauben, Salah habe in einem spontanen Anflug von Frustration gehandelt. Als 33-Jähriger, der das Fußballgeschäft in- und auswendig kennt, weiß er genau, welche Wirkung seine Worte entfalten. Er ist nicht dafür bekannt, nach Spielen ohne besonderen Anlass Interviews zu geben. Umso deutlicher spricht alles dafür, dass dieser Angriff strategisch geplant war – vielleicht, um einen Abschied samt attraktiver Abfindung zu erzwingen. Und das in einer Phase, in der der Klub ohnehin in der Krise steckt.

Gerade deshalb trifft dieser Schritt die Fans so hart. Salah hätte, wie Klopp, in Liverpool eine Legende für die Ewigkeit bleiben können. Stattdessen hat er aus Sicht vieler Anhänger die Interessen des Vereins den eigenen geopfert und mit seinem Rundumschlag bewusst Schaden riskiert. Ein Fehltritt, den ihm viele nicht verzeihen werden.

Carragher hofft dennoch, Salah möge noch einmal für Liverpool spielen. Ob das realistisch ist, bleibt fraglich. Zu viel wurde gesagt, zu viel ist passiert. Was bleibt, ist der bittere Eindruck eines großen Spielers, der den falschen Moment für den größten Konflikt seiner Liverpool-Zeit gewählt hat und damit womöglich sein eigenes Denkmal beschädigte.