Cristiana Girelli kann es kaum erwarten. Wenn der Anpfiff zu ihrem wichtigsten Spiel ertönt, drückt auch ihr großes Idol die Daumen. Alessandro Del Piero, Fußball-Weltmeister von 2006, einst der große Superstar Italiens, "schaut uns immer zu", sagte Girelli vor dem Halbfinal-Kracher gegen Titelverteidiger England am Dienstag (21 Uhr/ZDF und DAZN) in Genf.
Früher hingen Poster Del Pieros im Kinderzimmer von Italiens Kapitänin, heute fiebert er mit Girelli und ihren Azzurre. "Er ist ein Goldschatz, er hat uns mehr als einmal viel Glück gewünscht", so Girelli. Die Zeiten haben sich geändert. Wie seinerzeit Del Piero sorgt dieser Tage Girelli als Italiens Nummer zehn für Schlagzeilen und begründet in der Schweiz ein kleines azurblaues Fußballmärchen.
Match-Center: England vs. Italien
Halbfinale noch nicht die Endstation
"Wir möchten uns nicht mit dem zufriedengeben, was wir erreicht haben", sagte die Stürmerin, die mit ihren drei Toren einen großen Anteil am Vorstoß in die Vorschlussrunde hatte. "Wir werden das Spiel bis ins letzte Detail vorbereiten, wie wir es immer tun - und wir müssen daran glauben, dass es weiter gehen wird."
Spätestens seit dem Viertelfinal-Coup gegen Norwegen ist Girelli das Gesicht ihrer Mannschaft. Nicht bloß, weil sie mit ihren 35 Jahren und 84 Tagen zur ältesten Doppelpackerin der EM- und WM-Geschichte avancierte und damit Norwegen-Star Ada Hegerberg locker in den Schatten stellte.
Mit ihrem strahlenden Lächeln verzauberte sie Millionen-Fans aus aller Welt, als älteste Spielerin im italienischen Kader ist sie so etwas wie die Mama der Kompanie.
Vorbild für das ganze Team
La Chef, die Köchin, wie sie innerhalb der Mannschaft gerufen wird, ist vorbildliche Anführerin ihres Teams. Mit einer gesunden Ernährung und vielen individuellen Einheiten bekämpft Girelli das fortschreitende Alter, sie schwört auf Pilates – und sorgte als Kabinen-DJane viele Jahre für die perfekte Einstimmung.
Sportlich ist Girelli über jeden Zweifel erhaben. Neun Scudetti, acht Copa-Gewinne und zehn Supercopas zeugen von ihrer Klasse. Seit 2018 stürmt Girelli - wie einst Del Piero – für Juventus Turin. Vor zwei Jahren wurde Girelli in die Hall of Fame des italienischen Fußballs aufgenommen.
Girelli selbst sieht in Trainer Andrea Soncin einen Schlüssel zum Erfolg. "Unser Glaube, gegen jedes Team bestehen zu können, ist groß. Er sagt uns immer, dass wir mutig sein und wirklich Fußball spielen sollen, weil wir die Qualität dazu haben. Und das zeigen ja auch unsere Leistungen und die Ergebnisse", meinte Girelli.
Italien stand bislang zweimal im EM-Finale. Sowohl 1993 gegen Norwegen (0:1) als auch vier Jahre später gegen Deutschland (0:2) verloren die Azzurre das Endspiel. Diesmal soll alles anders werden. Mit Girelli. Und Del Piero als Edel-Fan.