In einem exklusiven Interview haben wir mit Begovic über seine Zeit bei Stoke und Chelsea gesprochen, über sein berühmtes Tor, die besten Stürmer, gegen die er je gespielt hat, und vieles mehr.
Wie läuft die Saison für Leicester und für dich persönlich?
"Es war bisher ein Auf und Ab, aber unser Ziel ist klar: der Wiederaufstieg in die Premier League. Wir sind weiterhin voll im Rennen. Die letzte Woche war positiv, wir haben sieben von neun möglichen Punkten geholt und jetzt freuen wir uns auf die intensive Weihnachtszeit, in der wir richtig angreifen können."
Was motiviert dich nach so vielen Jahren im Profifußball immer noch, weiterzuspielen?
"Ich liebe das Spiel und das Teamgefüge nach wie vor. Es macht mir Spaß, zu gewinnen und Teil von etwas Erfolgreichem zu sein. Körperlich bin ich immer noch fit, und wenn das Projekt und das Team passen, mache ich gerne weiter. Man ist lange genug im Ruhestand, also gibt es keinen Grund zur Eile."

Hat sich deine körperliche Vorbereitung im Vergleich zu früher verändert?
"Auf jeden Fall. Die Sportwissenschaft hat sich enorm weiterentwickelt, was uns hilft, besser auf unseren Körper zu achten. Mit zunehmendem Alter werden Regeneration und gezielte Aktivierung immer wichtiger – darauf lege ich heute viel mehr Wert."
Bei Leicester bist du vor allem Ersatztorwart. Geht diese Rolle auch mit einer Art Mentorenfunktion für jüngere Spieler einher?
"Ja, das gehört dazu. Als erfahrener Spieler gebe ich mein Wissen gerne weiter und unterstütze die jungen Torhüter. Führung ist ebenfalls wichtig – wenn man Standards setzt, prägt das die gesamte Teamkultur."
Bei Stoke hat "alles zusammengepasst"
Rückblickend: Welche Momente waren für deine Karriere am prägendsten?
"Portsmouth war entscheidend. Ich kam mit 16 dorthin und habe mich Schritt für Schritt über Leihen und verschiedene Erfahrungen weiterentwickelt. Stoke City war der Ort, an dem ich mich in der Premier League und in der Nationalmannschaft etabliert habe. Chelsea war dann der Schritt auf das allerhöchste Niveau, mit dem Kampf um Titel und Champions-League-Spiele. Diese drei Vereine, in genau dieser Reihenfolge, waren für meine Laufbahn entscheidend."
Du hast am längsten bei Stoke City gespielt. Wie blickst du auf diese Zeit zurück?
"Mit großer Dankbarkeit. Es war eine erfolgreiche Zeit und in mancher Hinsicht haben wir mehr erreicht, als man uns zugetraut hätte. Wir hatten unseren eigenen Stil, der zu den Spielern, der Stadt und den Fans gepasst hat. Es hat einfach alles zusammengepasst und gemeinsam haben wir Großes erreicht."
Stoke war eher für Effizienz als für Schönheit bekannt. Stimmst du da zu?
"Wir waren sehr effektiv und engagiert. Fußball kann auf viele Arten gespielt werden und unser Einsatz, unser Zusammenhalt und unsere Mentalität waren außergewöhnlich. Viele erinnern sich an die weiten Einwürfe und Standardsituationen, aber wir haben auch in den entscheidenden Momenten unsere Qualität gezeigt."
Du hast für Stoke ein Tor aus 92 Metern erzielt. Wie erinnerst du dich an diesen Moment?
"Das war völlig unerwartet. Wenn man sich als Torwart vorstellt, ein Tor zu schießen, dann denkt man eher an einen späten Ausgleich, nicht an einen Treffer nach zehn Sekunden. Im Rückblick wird einem erst richtig bewusst, wie selten und besonders das war."
Du hast kaum gejubelt. Warum?
"Einerseits aus Respekt vor dem gegnerischen Torwart, andererseits wusste ich einfach nicht, wie ich reagieren sollte. Ich bin generell niemand, der auf dem Platz große Emotionen zeigt."
Cech "ist der beste Premier-League-Torwart aller Zeiten"
Der Wechsel von Stoke zu Chelsea bedeutete, eine Reservistenrolle zu akzeptieren. Wie hast du diese Entscheidung gesehen?
"Chelsea war amtierender Meister, José Mourinho war Trainer, und es war die Chance, mich auf höchstem Niveau zu beweisen. Ich bereue nichts – es war eine der besten Entscheidungen meiner Karriere."
Was war die größte Herausforderung bei der Eingewöhnung in einen Topklub wie Chelsea?
"Der Druck. Jedes Spiel war wichtig, alles wurde genau beobachtet und der Spielplan war extrem eng getaktet. Man musste sich sehr schnell anpassen."
War es schwer, zu akzeptieren, nicht jede Woche zu spielen?
"Sehr schwer. Ich war in meiner besten Phase und wollte spielen, aber der Kampf um Titel und Teil von etwas Größerem zu sein, war eine riesige Motivation."
Wie siehst du Petr Cech, gerade als jemand, der ihn bei Chelsea beerbt hat?
"Für mich ist er der beste Premier-League-Torwart aller Zeiten. Ihn zu ersetzen, war eine große Ehre und Verantwortung. Ich habe größten Respekt vor seinen Leistungen."
Was ist die größte Herausforderung als Premier-League-Torwart – körperlich oder mental?
"Die mentale Seite ist enorm. Man steht ständig unter Druck und die eigenen Instinkte widersprechen oft der menschlichen Natur. Man muss den Ball angreifen, nicht ausweichen. Die körperlichen Anforderungen sind heute auch höher als je zuvor, aber die Grundlagen und Wiederholungen bleiben entscheidend."
Ist Torwart wirklich die beste Position im Fußball?
"Für mich auf jeden Fall. Eine entscheidende Parade im richtigen Moment zu machen, ist das beste Gefühl im Spiel."
"Agüero war ein Albtraum"
Wie viel Vorbereitung steckt darin, jede Woche gegen Top-Stürmer zu spielen?
"Sehr viel. Wir analysieren die Gegner, nutzen Videos und Daten, aber die besten Spieler sind unberechenbar. Am Ende muss man sich auf sich selbst verlassen und auf alles vorbereitet sein."
Wer waren die schwierigsten Angreifer, gegen die du gespielt hast?
"Cristiano Ronaldo in seiner besten Zeit war manchmal nicht zu stoppen. Sergio Agüero war wegen seiner Bewegungen und seinem Abschluss ein Albtraum. Luis Suárez, Fernando Torres, Andy Carroll … Die Premier League war gnadenlos. Jede Woche wartete eine neue Herausforderung."

Hatte die Premier League vor zehn Jahren stärkere Stürmer als heute?
"Was Vielfalt und Tiefe angeht, stimme ich zu. Damals gab es so viele unterschiedliche Stürmertypen – Rooney, Drogba, Suárez, Agüero, Defoe, Crouch. Die Stürmer standen noch mehr im Mittelpunkt des Spiels."
Wie hat sich die Rolle des Torwarts im Laufe deiner Karriere verändert?
"Torhüter müssen heute alles können – das Spiel aufbauen, Räume abdecken, hoch stehen. Aber eines bleibt: Den Ball aus dem eigenen Tor zu halten, ist nach wie vor das Wichtigste. Die Grundlagen sind alles."
Werden Torhüter heute durch soziale Medien härter beurteilt?
"Absolut. Alles wird sofort analysiert und verbreitet. Fehler kann man nicht verstecken, aber starke Leistungen werden genauso hervorgehoben."
Können Daten und Analysen manchmal zu weit gehen?
"Sie sind hilfreich, aber man kann sich auch verrennen. Am Ende muss man auf dem Platz 90 Minuten lang natürlich performen."
Wer ist aktuell der beste Torwart der Welt?
"Gianluigi Donnarumma. Es gibt viele großartige Torhüter, aber seine Konstanz über mehrere Jahre sticht heraus."
Wer ist dein Favorit für die nächste Weltmeisterschaft?
"England. Sie haben einen Top-Trainer und eine große Kaderbreite. Wenn alle fit sind, gehören sie zu den Favoriten."
Wie lange möchtest du noch spielen?
"Ich entscheide das von Saison zu Saison. Vielleicht ist es meine letzte, vielleicht kommt noch eine – wir werden sehen."
Hast du schon Pläne für die Zeit nach der aktiven Karriere?
"Ich arbeite gerne in den Medien, leite Torwartschulen und interessiere mich für Trainer- oder technische Aufgaben. Ich möchte dem Fußball erhalten bleiben."
Welchen Rat gibst du jungen Menschen – nicht nur Fußballern?
"Gib deinen Traum nie auf. Arbeite hart, sei geduldig und glaube an dich. Es gibt keinen festen Weg, die Dinge passieren, wenn die Zeit reif ist. Das zu tun, was man liebt, ist unglaublich wichtig."
