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EM-Casting in Schottland: Wücks heikle Suche nach der "Identität"

Aktualisiert
Bundestrainer Wück (M.) bei einer Ansprache an seine Mannschaft
Bundestrainer Wück (M.) bei einer Ansprache an seine MannschaftČTK / imago sportfotodienst / Fotostand / Fantini
Der EURO-Countdown tickt, doch die DFB-Frauen präsentierten sich bislang wenig titelreif. In der Nations League erhöht der Bundestrainer den Druck.

Von der wilden Schönheit der schottischen Küste ließ Christian Wück sich nicht ablenken. Im sonnigen Dundee muss der Bundestrainer drei Monate vor dem EM-Start zu viele Baustellen beackern. Die Zeit rast – also sollen Deutschlands Fußballerinnen beim Nations-League-Doppelpack gegen Schottland endlich wie ein Titelanwärter auftreten.

"Ich will eine deutsche Mannschaft sehen, die von der ersten bis zur letzten Minute spielbestimmend ist", forderte der 51-Jährige unmissverständlich. Am Freitag (20:35 Uhr/ZDF) und im Rückspiel am Dienstag in Wolfsburg (17:45 Uhr/ARD und KiKa) muss die Auswahl um Kapitänin Giulia Gwinn daher im EURO-Casting "den DFB-Schalter umlegen. Wir wollen unsere eigene Identität auf dem Platz haben."

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DFB-Team auf Formsuche

Wücks Sorgenfalten sind bei nur noch vier Spielen bis zur Titeljagd in der Schweiz (2. bis 27. Juli) nicht zu übersehen. Zu wechselhaft und fragil trat das DFB-Team nach Olympiabronze im Vorjahr und dem folgenden Umbruch in den bislang sechs Spielen unter seiner Regie auf.

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Erschwerend kommt hinzu: Die Innenverteidigung bleibt die Problemzone, die erfahrene Sara Doorsoun wird für das erste Spiel nach muskulären Problemen noch nicht fit. Die Alternativen Janina Minge und Sophia Kleinherne sollten wegen drohender Gelbsperren nicht auch noch gleichzeitig ausfallen, wie Wück erklärte: "Das wäre der Super-Gau." Mittelfeldspielerin Sjoeke Nüsken müsste im Zweifel einspringen.

Auf Schwarzmalerei hat der Bundestrainer trotzdem keine Lust, auch nicht wegen der jüngsten Champions-League-Lehrstunden für Bayern München und den VfL Wolfsburg, aber: "Ich hätte mir schon gewünscht, dass wir schneller zu unserer Wunschformation finden." Der Kampf um die Kaderplätze scheint offener denn je, Wück will "so lange testen, bis wir zu 100 Prozent zufrieden sind".

Jugend macht Druck

Mit jungen und neuen Gesichtern wie Bayern-Talent Franziska Kett (20) erhöhte Wück noch einmal den Druck. "Wir müssen einfach die Mannschaft finden, die in der Lage ist, gegen vielleicht elf bessere Einzelspielerinnen zu gewinnen", lautet das Credo exakt drei Monate vor dem EM-Auftakt gegen Polen am 4. Juli in St. Gallen.

Seine Spielerinnen geben sich optimistisch. Die Mannschaft habe unter Wück bereits gezeigt, "was wir leisten können. Man hat aber auch gesehen, dass es uns manchmal schwerfällt, unsere Leistung auf den Platz zu bekommen", sagte Klara Bühl: "Aber grundsätzlich bin ich überzeugt, dass wir zur EM voll da sind."

Immerhin im Tor gibt es jetzt klare Verhältnisse. Olympia-Heldin Ann-Katrin Berger geht als Nummer eins ins Turnier, mit ihren 34 Jahren soll die Torhüterin vom US-Klub Gotham FC mit ihrer Erfahrung als Stabilitätsfaktor wirken.

Dabei scheut Berger auch keinen Klartext. "Wir müssen die Zweikämpfe mehr gewinnen wollen als die Schottinnen. Zudem muss der Wille da sein, Tore zu verhindern", forderte sie vor den Duellen mit dem Schlusslicht der Gruppe A1. Auch Wück schärfte eindringlich die Sinne.

Schließlich hätten die Niederlande "große Probleme" gegen den Underdog gehabt, auch Österreich habe ja "nur mit einem Tor Unterschied gewonnen". Da er nach dem 2:2 gegen das Oranje-Team und dem 4:1 gegen Österreich keine Lust mehr auf einen Schlafmützenstart mit frühen Gegentoren hat, warnte Wück lieber eindringlich: "Wir wissen, dass es eine große Aufgabe für uns wird."