Das Muster ist bekannt. Kaum fällt ein Rekord, wird er zerredet. Harry Kane musste sich nach Wayne Rooney rechtfertigen, Olivier Giroud nach Thierry Henry, Neymar sogar nach Pelé. Und nun also Memphis Depay, der es wagt, über Kluivert, Huntelaar, Bergkamp oder Robben zu stehen.
Die Vorwürfe sind ebenso alt wie durchsichtig: zu viele Elfmeter, zu viele Treffer gegen schwache Gegner, zu wenig Präsenz auf der ganz großen Bühne. Ein Stürmer, der in England gescheitert sei, könne unmöglich in einer Reihe mit den Giganten der Oranje stehen. Doch die Zahlen sprechen eine andere Sprache.
Depay erzielte 50 Tore in 102 Länderspielen, Van Persie brauchte dafür 101. Torquoten? Fast identisch: 0,50 gegenüber 0,49 Treffern pro Spiel. Bei großen Turnieren ist Memphis sogar effizienter: ein Tor alle 211 Minuten, Van Persie alle 219. Addiert man Vorlagen dazu, liegt Depay klar vorne.
Das Argument der „schwachen Gegner“ verfängt ebenso wenig. Van Persie erzielte neun Tore gegen Teams außerhalb der Top 100, Memphis zwölf. Gegen Top-20-Nationen traf Van Persie zehnmal, Memphis zwölfmal. Der Unterschied? Minimal – wenn überhaupt ein Nachteil für Depay.
Auch Memphis kann "große Momente"
Und Elfmeter? Ja, er verwandelte mehr als sein Vorgänger. Aber auch Van Persie trat regelmäßig vom Punkt an. Wer Tore zählt, darf keine Tore abziehen.
Bleibt das viel zitierte Kapitel „große Momente“. Van Persie hat mit seinem Flugkopfball gegen Spanien ein ikonisches Bild geschaffen, unvergessen. Doch Depay war es, der die Elftal bei der WM 2014 gegen Australien rettete, Chile in der Nachspielzeit versenkte und 2022 die USA im Achtelfinale quasi im Alleingang besiegte.

Genau darin liegt der Kern der Debatte: Memphis Depay ist nicht Van Persie, nicht Kluivert, nicht Bergkamp. Er ist kein Mythos, kein romantisch verklärter Fußballkünstler. Er ist Memphis: ein Spieler, der polarisiert, der mit Rapkarriere, Tattoos und eigensinnigem Auftreten aneckt. Doch all das ist Nebensache, wenn man nüchtern auf den Platz schaut.
Rekorde sind nicht vererbbar, sie werden erarbeitet. Kein Tor wird geschenkt, kein Treffer weniger wert, nur weil der Gegner Litauen heißt. Van Persie hat Cruyff übertroffen, Kluivert hat Van Basten überflügelt, Huntelaar hat Rep hinter sich gelassen. Niemand käme auf die Idee, ihre Rekorde kleinzureden. Warum also Memphis?

Die Wahrheit ist: Depay hat das getan, was vor ihm keiner geschafft hat. Er hat den Ball 52 Mal ins Netz befördert, öfter als jeder andere Niederländer. Punkt. Ob er so elegant spielte wie Bergkamp oder so majestätisch wie Van Basten, ist irrelevant.