Vor EM-Halbfinale: DHB-Team braucht "beste Leistung der letzten Jahrzehnte"

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Vor EM-Halbfinale: DHB-Team braucht "beste Leistung der letzten Jahrzehnte"

Alfred Gislason und die DHB-Sieben haben bereits mit dem Einzug in die Vorschlussrunde Großes erreicht.
Alfred Gislason und die DHB-Sieben haben bereits mit dem Einzug in die Vorschlussrunde Großes erreicht.AFP
Der Ärger bei Alfred Gislason über das Fehlwurf-Festival zum EM-Hauptrundenabschluss gegen Kroatien (24:30) war schnell verflogen. Der Bundestrainer richtete den vollen Fokus sofort auf den Halbfinal-Showdown der deutschen Handballer gegen Weltmeister und Top-Favorit Dänemark.

"Wir müssen die beste Leistung der letzten Jahrzehnte abrufen", sagte Gislason mit Blick auf die Partie am Freitag (ab 20.30 Uhr live im ZDF, bei Dyn und in der Flashscore-Audioreportage): "Wir brauchen eine Riesenleistung, um eine Chance zu haben. Das ist uns allen klar."

Auch bei den Spielern wandelte sich der Frust schnell in Vorfreude auf das erste EM-Halbfinale einer deutschen Mannschaft seit dem goldenen Wintermärchen 2016 in Polen. "Es ist ein Halbfinale im eigenen Land. Also ich glaube, viel mehr muss ich dazu nicht sagen. Es gibt nichts Größeres", sagte Linksaußen Rune Dahmke. Dänemark sei "völlig zu Recht der hohe Favorit. Aber ich glaube nicht, dass wir chancenlos sein werden."

Laut Christoph Steinert habe Dänemark "zwei der besten Torhüter der Welt". Allerdings sei der Beste, er meinte Niklas Landin, "vielleicht gerade nicht so gut drauf. Vielleicht knacken wir sie da, dass wir da die bessere Quote haben, wir den besseren Torhüter haben, mehr Gegenstöße laufen können und das Spiel dann erfolgreich gestalten." Und Dahmke frohlockte, dass die Außenseiterrolle gegen Dänemark dem deutsche Team vor knapp 20.000 Fans in der Lanxess Arena gut stehe: "Ich weiß, dass in dieser Halle auch kleine Wunder entstehen können."

Vor allem seine Chancenverwertung sollte das DHB-Team verbessern. 24 Fehlwürfe zählte Gislason gegen Kroatien. Seine Spieler, so der Coach, hätten sich "nicht genug konzentriert bei den Würfen". Besonders die Spieler, die bislang viel auf der Bank gesessen hatten, bekamen im tabellarisch unwichtigen Spiel gegen die Kroaten ihre Chance.

"Ich hoffe, dass die von diesem Spiel lernen und sie das nicht so schnell wiederholen", sagte Gislason. Er sei dennoch "sehr zufrieden, auch mit den ganzen Jungen". Über den Halbfinaleinzug sei er "sehr, sehr glücklich. Es war unser Traum, der ist wahr geworden."

Die Niederlage hatte Gislason auch deswegen schnell abgehakt, der klare Ausgang des Spiels war ihm sogar gar nicht so unrecht. "Wenn ich Unentschieden oder mit einem Tor gewonnen hätte gegen Kroatien und hätte durchgespielt mit einer Sieben, wäre ich unzufriedener als ich es jetzt bin", sagte der 64-Jährige: "Wir werden jetzt alles dransetzen, das Spiel gegen Dänemark zu gewinnen."

Andreas Wolff glaubt jedenfalls ganz fest an den Coup gegen die Dänen. Wie hoch er die deutschen Chancen einschätzt? "100 Prozent", antwortete der Torhüter grinsend: "Wir sind nicht im Halbfinale, um uns dafür abzufeiern. Sondern wir sind im Halbfinale, um das Turnier gegebenenfalls zu gewinnen."

"Einfach schade": Knorr-Entschuldigung an Fans und Oma

Juri Knorr ärgerte sich mächtig. Der enttäuschende Auftritt beim Hauptrundenabschluss gegen Kroatien machte dem Mittelmann der deutschen Handballer schwer zu schaffen - auch wegen einer besonderen Person auf der Tribüne. "Meine Oma war heute in der Halle. Sie guckt nicht mehr so viele Handballspiele in der Halle und das ist einfach schade", sagte der Spielmacher mit Blick auf die zweite Turnierniederlage.

Zwar zog Deutschland dank doppelter Schützenhilfe von Frankreich und Island erstmals seit acht Jahren wieder in ein EM-Halbfinale ein. Doch zusätzliche Euphorie konnte die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) zwei Tage vor dem Halbfinal-Showdown gegen Dänemark nicht entfachen.

"Es tut mir ehrlich gesagt leid für jeden, der heute da war und sich Tickets gekauft hat", hatte Knorr den 19.750 Fans in der Kölner Lanxess Arena direkt nach der Partie zugerufen. Wenig später sprach der 23-Jährige über eine "gewisse Verantwortung", der er und seine Teamkollegen "jedem Einzelnen gegenüber, der hier in der Halle ist und uns nach vorne pusht", besitze: "Wir sollten einfach wissen, wie dankbar wir sein können, jedes Spiel hier vor 20.000 Leuten zu spielen." Die Mannschaft kenne die Ticketpreise.

Dass der Einzug in die Medaillenspiele bereits kurz vor dem Anwurf festgestanden hatte, sei kontraproduktiv gewesen. "Wir sind im Halbfinale, aber vielleicht haben wir uns davor zu viel damit beschäftigt und im Kopf abgeschaltet", räumte Knorr ein: "Das tut mir und uns allen extrem weh." Das sei "nicht die Mentalität" gewesen, "mit der wir heute spielen wollten, aber wir haben es nicht besser gemacht". So könne man "nicht noch einmal spielen" und "auf die Art und Weise" habe er eigentlich nicht ins Halbfinale einziehen wollen.

Die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) kämpft am Freitag (ab 20:30 Uhr live im ZDF, bei Dyn und in der Flashscore-Audioreportage) gegen Dänemark um den Einzug ins Finale. Das zweite Endspiel-Ticket spielen Olympiasieger Frankreich und Titelverteidiger Schweden aus.

"Wir müssen an uns glauben. Es muss ein besonderer Tag werden gegen die beste Nationalmannschaft der Welt. Das ist jedem von uns bewusst. Wir wissen aber auch, es ist nur ein Spiel und wir sind fähig, es zu einem besonderen Spiel zu machen mit jedem Fan da draußen. So müssen wir spielen", forderte Knorr.

Kretzschmar fordert "hundertprozentige Emotionalität"

Auch die enttäuschende Pleite gegen Kroatien konnte Stefan Kretzschmar die Freude über den Einzug der deutschen Handballer ins EM-Halbfinale nicht nehmen. "Das war das große Ziel, das dürfen wir alle nicht vergessen", mahnte der ehemalige Nationalspieler nach der Niederlage mit sechs Toren am Mittwochabend bei Dyn.

"Vor der EM haben wir geträumt, was möglich wäre, was wir erreichen wollen, Halbfinale wäre super", sagte der 50-Jährige: "Da sind wir und jetzt musst du positiv sein. Das ist der richtige Ansatz." Am Freitag komme in Dänemark "die absolute Weltklasse auf uns zu", sagte Kretzschmar: "Wir brauchen hundertprozentige Emotionalität, nur als Mannschaft können wir diese Dänen besiegen, die mit individuellen Topstars gespickt sind."

Das Ticket für die Runde der besten Vier hatte das DHB-Team bereits vor Anwurf durch die doppelte Schützenhilfe von Frankreich und Island sicher. Auch nach der Niederlage gegen Kroatien müsse die "Grundhaltung der Nation" weiter positiv sein, betonte Kretzschmar, "obwohl wir jetzt ein bisschen angeschlagen sind, einen leichten Dämpfer bekommen haben. Aber die Grundhaltung kann sich ja innerhalb von 60 Minuten nicht verändern."

Johannes Bitter hatte dem DHB-Team vor dem Kroatien-Spiel in der ARD Großes zugetraut. Mit dem Halbfinal-Einzug sei für das DHB-Team "alles, alles und wirklich auch der Titel" drin. Auch nach der Schlusssirene betonte der Weltmeister von 2007: "Was am Freitag passiert, weiß heute keiner und die Jungs haben jetzt zwei Tage Zeit sich vorzubereiten."

Zwar wäre ein Sieg vor dem Duell mit Dänemark schön gewesen, sagte Bitter, aber "vielleicht rüttelt uns das noch mal ein bisschen wach".