Die WM-Premiere der Partie Niederlande gegen USA eröffnet die KO-Runde bei der diesjährigen Weltmeisterschaft. Alle fünf bisherigen direkten Duelle fanden in Freundschaftsspielen statt, von denen die USA lediglich das letzte gewinnen konnte - 2015 mit 4:3. Dass die Zuschauer im Khalifa International Stadium in Doha am Samstag ein ähnliches Spektakel zu sehen bekommen, ist nach den bisherigen Darbietungen der beiden Teams im Turnier nicht unbedingt zu erwarten. Beide Teams sind im Turnier ungeschlagen, bei beiden liegt das aber vor allem an der Defensive. Die Niederlande haben in der Gruppenphase nur ein Gegentor kassiert, die US-Boys stehen gar mit weißer Weste nach drei Spielen dar.
Der Fokus auf die Verteidigung und die Unterbindung spektakulärem Spiels hat Louis van Gaal kritische Fragen von Journalisten eingebracht. Er erwiderte, die Medien könnten ja "nach Hause fliegen", wenn der Fußball "so furchtbar langweilig" sei. Die Statistik gibt dem Bondscoach Recht: Sieht man von den Elfmeterschießen ab, ist van Gaal in seinen zehn WM-Spielen als Trainer ungeschlagen. Nur Felipe Scolari (12) und Mario Zagallo (11) waren bei einer WM noch länger ungeschlagen. Auch Mittelfeldspieler Marten de Roon sieht die Dinge pragmatisch: "Es macht mir nichts aus, Weltmeister zu werden, ohne ein gutes Spiel gemacht zu haben." Seit 19 WM-Spielen sind die Niederländer gegen nicht-europäische Mannschaften ungeschlagen. Statistisch spricht alles dafür, dass das auch gegen die US-Amerikaner so bleibt.
Das Team von Gregg Berhalter hat erst einmal ein WM-Achtelfinalspiel gewonnen (2002 gegen Nachbar Mexiko) und konnte umgekehrt keines seiner letzten elf Spiele gegen Gegner aus Europa gewinnen. Zudem haben der US-Coach und sein junges Team mit internen Querelen zu kämpfen: Anstatt die bisher überzeugende Leistung der Mannschaft zu würdigen, hat sich Ex-Nationalspieler Eric Wynalda zu Wort gemeldet und kritisiert, dass der Dortmunder Giovanni Reyna zu wenig Einsatzzeit bekomme. Wynalda warf Berhalter vor, die Medien "angelogen" zu haben, indem er eine Verletzung des BVB-Profis als Grund für dessen Bankplatz angegeben habe. Aus einem Gespräch mit Reyna-Vater Claudio wisse er, dass es ein "Zerwürfnis" zwischen Berhalter und Reyna gegeben habe. Alles nicht unbedingt förderlich, um sich auf Fußball konzentrieren zu können.
Das Personal: Niederlande
Alles hat sich zu Beginn der Weltmeisterschaft um Stürmer Memphis Depay gedreht. Sein Fitnesszustand füllte die niederländsichen Zeitungen, ein erfolgreiches Abschneiden in Katar wurde an seiner Leistungsfähigkeit festgemacht. Doch Depay, der lediglich im weniger bedeutenden letzten Gruppenspiel gegen Katar in der Startelf stand, wurde der Rang abgelaufen. Der niederländische Star ist im Moment Cody Gakpo. Der Flügelspieler brachte Oranje in allen drei Gruppenspielen in Führung, das gab es in dieser Form Johan Neeskens 1974. Seit 2010 (David Villa) gab es keinen Spieler mehr, der in vier Partien bei einer Weltmeisterschaften einen Treffer erzielte. Sollte dem Mann aus Eindhoven das gelingen, wären die Niederländer mit ihrer stabilen Defensive dem Viertelfinale sehr nah.
Gakpo ist in der Mannschaft von Louis van Gaal gesetzt, generell stehen dem Bondscoach momentan alle Spieler fit zur Verfügung. Daher ist nicht davon auszugehen, dass er seine Mannschaft im Vergleich zu den wichtigen ersten Spielen auf vielen Positionen ändern wird.
Voraussichtliche Aufstellung der Niederlande:
Noppert - Aké, van Dijk, Timber - Blind, de Jong, de Roon, Dumfries - Klaassen - Gakpo, Bergwijn
Das Personal: USA
Der Trumpf der US-Amerikaner, die mit knapp über 25 Jahren im Durchschnitt eines der jüngsten Teams des Turniers stellen, liegt bisher im Mittelfeld. Das Trio Tyler Adams, Yunus Musah und Weston McKennie bringt bislang über drei Viertel seiner Pässe im letzten Drittel an den Mann. Eine starke Quote, die zum effizienten Spiel der US-Amerikaner unter Berhalter passt. Das Mittelfeld ist dementsprechend gesetzt, dahinter sind mit Robinson, Ream und Dest drei Positionen ebenfalls klar. Im Spiel gegen den Iran brachte Coach Berhalter zur Überraschung einiger Experten Cameron Carter-Vickers für den bis dahin überzeugenden Walker Zimmerman in der Innenverteidigung. Unwahrscheinlich, dass er nochmal durchwechselt, Carter-Vickers sollte seinen Platz fürs Erste sicher haben.
Ein Fragezeichen steht hinter Kapitän und Star Christian Pulisic. Der ehemalige Dortmunder, in der Heimat mehr oder weniger scherzhaft "LeBron James of soccer" genannt, soll trotz seiner Verletzung aus dem Spiel gegen den Iran spielbereit sein. Wichtig wäre es für eine Mannschaft, in der kein anderer Spieler auch nur ansatzweise die Torgefahr Pulisics ausstrahlt: Im Nationalteam hat er als Flügelspieler 22 Treffer erzielt, der nächstbeste steht bei elf Toren.
Voraussichtliche Aufstellung der USA:
Turner - Robinson, Ream, Carter-Vickers, Dest - McKennie, Adams, Musah - Pulisic, Sargent, Weah