Lipowitz hatte auf der Königsetappe große Ambitionen, doch seine Offensive am Col de la Loze erwies sich als riskantes Unterfangen. Nachdem er zuvor mit Mühe zur Favoritengruppe aufgeschlossen hatte, attackierte er früh, wohl in der Hoffnung, sogar Jonas Vingegaard den zweiten Platz streitig zu machen. Doch der Vorstoß kam zu früh: In der letzten Rampe gingen dem Deutschen die Kräfte aus, und sein Podiumsplatz geriet ins Wanken.
Onley kommt am Col de la Loze an Lipowitz heran
Oscar Onley hingegen hatte einen schweren Start in die Etappe. Bereits am Col de la Madeleine wirkte er angeschlagen, das Bild vom Ventoux, wo er enttäuscht den Tag beendete, schien sich zu wiederholen. Doch gemeinsam mit dem Norweger Tobias Johannessen hielt er sich im Rennen. Eine taktisch kluge Entscheidung seines Teams, auf Teamkollegen Warren Barguil und Frank Van den Broek zu warten, zahlte sich aus – trotz zwischenzeitlicher Zeitverluste.
„Es war riskant, aber nötig“, erklärte Christian Guiberteau, Sportdirektor bei Picnic PostNL. „Oscar war isoliert, niemand arbeitete mit ihm. Wir mussten reagieren, statt auf Biegen und Brechen alles zu geben.“ Diese Geduld wurde belohnt: Onley fand zurück ins Rennen, fuhr sein eigenes Tempo und überraschte schließlich alle – auch Lipowitz –, als er auf der finalen Steigung zum Col de la Loze sogar Vingegaard und Pogacar folgen konnte und den Deutschen klar distanzierte.
Tour de France: Kampf um Platz 3 sorgt für Spannung
„Ich habe nicht damit gerechnet, dass Onley zurückkommt“, gab Lipowitz nach der Etappe ehrlich zu. „Ich bin mein eigenes Tempo gefahren, aber mir ging die Energie aus.“ Ein Rückschlag für den ambitionierten Deutschen, der nun über seine aggressive Fahrweise und deren Preis nachdenken muss. Im schlimmsten Fall könnte ihm sein Mut am Ende sogar den Platz auf dem Podium kosten.
Die Entscheidung fällt nun auf dem Weg nach La Plagne – und dort könnten die Bedingungen Onley in die Karten spielen. Regen ist angesagt, und der junge Schotte gilt als Spezialist für solches Wetter. „Oscar hatte super Beine, er bleibt ruhig, auch in solchen Momenten“, lobte sein Teamkollege Niklas Märkl. Der Abstand ist gering, das Momentum spricht leicht für Onley – doch aufgeben kommt für Lipowitz nicht in Frage. Das Duell um Platz drei sorgt in jedem Fall dafür, dass die Tour spannend bis zur letzten Sekunde bleibt.