Deutschlands Hoffnungsträger Florian Lipowitz zeigte erneut eine Topleistung und rückte mit Platz vier ganz nah an den dritten Rang der Gesamtwertung heran. Nur noch sechs Sekunden trennen ihn vom Belgier Remco Evenepoel.
"Ich habe bis ins Ziel gekämpft ich habe einen guten Job erledigt. Ich könnte nicht glücklicher sein damit", sagte Lipowitz: "Die letzten zwei km waren so hart, die letzten 50 Meter haben sich angefühlt wie eine Ewigkeit. Das Ziel war es, keine Zeit zu verlieren - wenn man dann noch Zeit gutmacht, ist es umso schöner."
Pogacar, der mit seinem Meisterstück am Vortag zurück ins Gelbe Trikot geflogen war, machte auf der gnadenlosen Jagd nach seinem vierten Toursieg dort weiter, wo er zuvor aufgehört hatte. Bereits bei der ersten Zwischenzeit lag er in Führung und ließ sie sich nicht mehr nehmen. Er distanzierte Vingegaard erneut um 36 Sekunden.
"Ich wollte von Start bis Ziel alles herauslassen", sagte Dominator Pogacar: "Am Ende wäre ich fast auseinandergeflogen, aber das Ziel zu sehen, gab mir einen Extra-Push."
Der dänische Herausforderer setzte rund 24 Stunden nach seiner krachenden Niederlage vom Donnerstag, als er von Pogacar mehr als zwei Minuten aufgebrummt bekommen hatte, anders als sein großer Rivale auf eine Zeitfahrmaschine. Trotz guter Leistung reichte es gegen Pogacar nicht. In der Gesamtwertung liegt er als Zweiter nun schon 4:07 Minuten hinter dem Slowenen.
Doppelolympiasieger Evenepoel, der Sieger des flacheren ersten Tourzeitfahrens auf der fünften Etappe, war wie Vingegaard auf einem Zeitfahrrad unterwegs. Lipowitz' möglicher Konkurrent im Kampf ums Podium in Paris startete gut, büßte dann aber im steilen Stück ordentlich Zeit ein. Er wurde am Ende gar von Vingegaard überholt und verpasste eine Top-10-Platzierung.
Straßenrad statt Zeitfahrrad
Ein Großteil der Fahrer verzichtete auf spezielle Zeitfahrmaschinen und setzte im alpinen Gelände auf Straßenräder. So hielt es auch der deutsche Zeitfahrmeister Maximilian Schachmann, der auf dem unrhythmischen Kurs dosiert fuhr. Er erreichte die Ziellinie auf der berühmten Landebahn des Berg-Flughafens Peyragudes, bekannt aus dem James Bond-Film "Der Morgen stirbt nie", nach 27:37 Minuten mit rund zweieinhalb Minuten Rückstand auf Plapp.
Auch Emanuel Buchmann (Cofidis) schien sich die Kräfte für mögliche Etappenerfolge in den kommenden Tagen aufzusparen. Am Donnerstag, als Lipowitz als überragender Tagesdritter nur von Pogacar und Vingegaard in Schach gehalten worden war, hatte der Tour-Vierte von 2019 enttäuscht und endgültig den Anschluss an die Top 10 verloren.
Zum Ausruhen bleibt vor dem dritten und anspruchsvollsten Teil der Pyrenäen-Trilogie am Samstag keine Zeit. Auf 182,6 km von Pau nach Luchon-Superbagnères müssen die Fahrer mehr als 5000 Höhenmeter überwinden, zwischenzeitlich geht es über den legendären Col du Tourmalet. Der Kampf um den Toursieg und ums Podium dürfte auf diesem gnadenlosen Terrain erneut entbrennen.