Tanzende Brasilianer wollen ins WM-Halbfinale stürmen - vermiest Kroatien die Party?

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Tanzende Brasilianer wollen ins WM-Halbfinale stürmen - vermiest Kroatien die Party?

Aktualisiert
Tanzende Brasilianer wollen ins WM-Halbfinale stürmen - vermiest Kroatien die Party?
Tanzende Brasilianer wollen ins WM-Halbfinale stürmen - vermiest Kroatien die Party?AFP
Drei Siege ist Brasilien vom ersehnten "Hexa", dem sechsten WM-Titel für die Seleção, entfernt. Nach dem souveränen 4:1-Sieg über Südkorea in der Runde der letzten 16 wartet auf den Topfavoriten nun mit den unberechenbaren Kroaten der womöglich erste große Prüfstein.

Dank drei entscheidender Saves von Dominik Livakovic setzte sich der Vize-Weltmeister 2018 mit Ach und Krach im Achtelfinale gegen taktisch perfekt eingestellte Japaner im Elfmeterschießen durch. Die Rollenverteilung vor dem ersten Viertelfinale im Education City Stadium in Al Rayyan, das am Freitag um 16 Uhr deutscher Zeit angepfiffen wird, ist somit klar: Brasilien ist der klare Favorit gegen Kroatien.

Genau hier könnte allerdings die Chance für das Team von Zlatko Dalic liegen. Die Wenigsten haben die "Vatreni" nach durchwachsenen Leistungen in Katar und in Anbetracht des Gegners am Freitag auf der Rechnung. Zu monoton war das Spiel in der Offensive, zu anfällig präsentierte man sich im Umschaltspiel. Dass der Einzug ins Viertelfinale bereits als Erfolg gewertet wird, geht aus den feuchtfröhlichen Kabinen- und Hotelaufnahmen der Spieler und Trainer nach dem Achtelfinalsieg, inklusive dem Verzerr alkoholischer Getränke, hervor.

Dennoch sind die Kroaten erneut unter den besten acht Teams der Welt, auch 2018 hatten die wenigsten Experten wirklich mit ihnen gerechnet. Und nun will das Team um Ex-Weltfußballer Luka Modric mehr: "Wir beschäftigen uns nicht mit Statistiken. Wir konzentrieren uns auf uns selbst. Natürlich geben alle Brasilien mehr Chancen. Ebenso allen Mannschaften, die gegen uns spielen, wie Argentinien, Brasilien und Spanien, die immer Favorit sind. Allerdings haben wir schon oft gezeigt, dass die Favoriten nicht immer gewinnen. Wir respektieren jeden, aber wir können auch jeden schlagen", kommentierte der kroatische Kapitän auf der Pressekonferenz am Tag vorm großen Viertelfinale.

Luka Modrics Antwort auf die Frage, woher die ganzen, starken Fußballer Kroatiens kommen.
Luka Modrics Antwort auf die Frage, woher die ganzen, starken Fußballer Kroatiens kommen.Opta by Stats Perform / AFP

Auch Coach Dalic gab sich im Vorfeld selbstbewusst: "Ich glaube, dass wir sie herausfordern können, wir müssen es clever angehen. Das Spiel ist auf dem Papier vielleicht nicht 50-50, aber wir sind auch kein absoluter Außenseiter", so der 56-Jöhrige, der allerdings auch die Qualität des Gegners anerkennt, "Brasilien ist die stärkste und beste Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft. Was ich bisher gesehen habe, wenn man sich die Auswahl der Spieler, ihre Qualität, ihr Können und ihren Wert ansieht, dann ist das wirklich angsteinflößend."

Immerhin: Kroatien hat noch nie ein WM-Viertelfinale verloren. 1998 beendeten Suker und Co. bei der 3:0-Sternstunde die Träume der deutschen Mannschaft, 2018 setzte man sich gegen Gastgeber Russland im Elfmeterschießen durch.

Brasilien hat dagegen drei ihrer letzten vier WM-Viertelfinalspiele verloren. In Russland schied man ebenfalls in der Runde der letzten 8 gegen Belgien aus. Alle fünf verlorenen Viertelfinals in der Geschichte Brasiliens waren gegen europäische Teams.

Der direkte Vergleich spricht dagegen für "Joga Bonito": In vier Partien gab es drei Siege für Brasilien, dem gegenüber steht ein 1:1-Remis beim ersten Aufeinandertreffen 2005. Das letzte Pflichtspiel der beiden Teams war das Eröffnungsspiel der brasilianischen Heim-WM 2014. Brasilien gewann das Spiel, das lange auf Augenhöhe war, nach einer kontroversen Strafstoß-Entscheidung in der 71. Minute glücklich mit 3:1.

Verwandelte 2014 den fragwürdigen Elfmeter zum entscheidenden 2:1 im Eröffnungsspiel: Neymar.
Verwandelte 2014 den fragwürdigen Elfmeter zum entscheidenden 2:1 im Eröffnungsspiel: Neymar.Profimedia

Von Statistiken und Glück möchte man beim Rekordweltmeister aber ohnehin nichts wissen. Das brasilianische Team strotzt nach der Gala-Vorstellung und Hurra-Fußball im Achtelfinale nur so von Selbstbewusstsein und ist für viele mittlerweile der absolute Top-Favorit auf den Titel.

Ex-Weltmeister Roberto Carlos ist in Katar präsent.
Ex-Weltmeister Roberto Carlos ist in Katar präsent.Opta by Stats Perform / Profimedia

Auch in der Heimat ist klar: Es kann 2022 nur einen Weltmeister geben. Fanmeilen in Rio de Janeiro, Sao Paulo und Salvador locken für jedes Spiel Tausende von Menschen zum Zuschauen an, die Euphorie ist groß.

Bleibt aus brasilianischer Sicht zu hoffen, dass die Spieler auf dem Boden der Tatsachen bleiben. "Kroatien ist ein Team mit individuell sehr starken Spielern. Über Modric muss man nicht sprechen. Brozovic, Perisic und Kovacic kenne ich sehr gut. Das sind Spieler, die an große Spiele gewöhnt sind", mahnte Rechtsverteidiger Danilo vor dem Spiel.

Das Personal: Kroatien

Genau wie 2018 vertraut Dalic einem Kreis von 12-15 Spielern. Allerdings wurde gegen Japan auch deutlich, dass das Team bereits auf dem Zahnfleisch läuft. In der 99. Minute wurde sowohl Luka Modric als auch Mateo Kovacic ausgewechselt - ein Novum. Inwiefern Dalic für das Brasilien-Spiel seine Experimentier-Freude entdeckt, bleibt abzuwarten. Eine Option wäre, Lovro Majer neben Modric starten zu lassen, um mit Kovacic im weiteren Spielverlauf eine frische Option für neue Impulse bringen zu können.

Ein Startelf-Kandidat wäre zudem Flügelspieler Mislav Orsic, der bei Dinamo Zagreb der Mann für die wichtigen Tore ist. In der aktuellen Champions League-Saison erzielte er den 1:0-Siegtreffer gegen Chelsea, letzte Saison traf er sehenswert beim 1:0-Auswärtssieg bei West Ham in der Europa League.

Ein Stirnrunzeln hervorbringen dürfte Dalic die Situation im Sturmzentrum: Marko Livaja, Bruno Petkovic und Ante Budimir haben alle nicht den erhofften Impact gebracht, andrej Kramaric fühlt sich dagegen eher als zweite Spitze wohl.

In der Abwehr hofft man darauf, dass Borna Sosa, der gegen Japan krankheitsbedingt ausfiel aber zuletzt wieder trainieren konnte, rechtzeitig spielfit wird.

Voraussichtliche Aufstellung von Kroatien:

Livakovic - Juranovic, Lovren, Gvardiol, Sosa - Modric, Brozovic, Kovacic - Kramaric, Petkovic, Perisic

Das Personal: Brasilien

Bei Brasilien dürfte Linksverteidiger Alex Sandro wieder zur Verfügung stehen. Die Mannschaft von Tite wird nach einer Reihe von Verletzungen somit nahezu vollständig sein. Lediglich Gabriel Jesus und Alex Telles fallen aus. Tite hatte zuvor improvisieren müssen und ließ Rechtsverteidiger Danilo auf der linken Abwehrseite aushelfen. Die Brasilianer dürften in jedem Fall frischer sein: Tite ist der einzige Trainer in Katar, der Erste in der Geschichte Brasiliens, und nur einer von sechs Coaches in der WM-Geschichte, der alle 26 Spieler seines Kaders eingesetzt hat.

Topstar Neymar kehrte nach einer leichten Verletzung am rechten Knöchel gegen Südkorea zurück und verwandelte einen Elfmeter zum zwischenzeitlichen 2:0. Im Spiel gegen Kroatien wird der 30-Jährige noch mehr Motivation verspüren, denn er ist nur noch einen Treffer davon entfernt, Pelés Rekord von 77 Toren für Brasilien einzustellen. 

Nach dem Spiel gegen Südkorea führte Neymar sein Team mit einem Banner und der Aufschrift "Pele" in die Mitte des Spielfelds, um der Legende, die sich aufgrund seiner Krebserkrankung in intensiver behandlung befindet, seine Unterstützung zu vermitteln.

Voraussichtliche Aufstellung von Brasilien:

Alisson - Militao, Marquinhos, Silva, Danilo - Paqueta, Casemiro, Neymar - Raphinha, Richarlison, Vinicius